Henryk Goldberg über die Selbstversorgung in den Zeiten der Krise.

Also, wir haben das ja nun alles überlebt. Den Weltuntergang (TA berichtete), die Merkel-Diktatur, den Ramelow-Knast (Stephan Brandner et al. berichteten). Der Autor dieser Kolumne, der mit dieser distanzierten Formulierung das eitle „Ich“ zu vermeiden sucht, der Besagte also hat sich ebenfalls den Weisungen der für die Unterweisungen der Systempresse zuständigen Zentralen Kommission (ZK) versagt.

Ihnen, liebe Lesende, konnte das gewiss nicht verborgen bleiben. Denn, nur mal als Beispiel, worüber lasen Sie in den letzten Mona-ten am häufigsten? Genau, es ging um die K-Frage, die Käuflichkeit dieses sanitären Artikels, der im Familienjargon übrigens Millimeterpapier heißt. Der Autor, ach was, keine falsche Bescheidenheit, also: Ich bin stolz, hier feststellen zu dürfen, dass dies die einzige deutsche Kolumne ist, in der die K-Frage nicht einmal ventiliert wurde.

In der Folge handelt es sich auch um die einzige deutsche Zeitung, die nicht von wenigstens einem Leser auf ihre vielseitige Verwendbarkeit hingewiesen wurde. Auch an diesem Umstand erkennen Sie zweifelsfrei, welch hochwertiges Produkt Sie mit dieser Zeitung erwerben.

Es gibt halt Fragen, die gehen einem eigensinnigen Feingeist hier und da vorbei. Andere nicht. Unser täglich Brot zum Beispiel. Diesen Seufzer, verbunden mit der korrespondierenden Bitte, die tägliche Schuld zu erlassen, seufzt mancher zu der für ihn und seine Ernährung zuständigen Gottheit.

Meine hat zu Zeiten der vom Regime verordneten Maulkorbpflicht (vulgo: Maske) und des Hausarrestes (vulgo: Home-Office) wohl zurück zu den Wurzeln gefunden. Will sagen, sie hat vor längerer Zeit einen Brotbackautomaten erworben. Der stand lange irgendwo und fragte sich, wozu er auf der Welt sei. Aber jetzt. Wir backen Brot!

Nun gibt es dafür fertige Backmischungen. Aber die zu verwenden, nee, da wäre sie ja so wie ich, der fast fertiges Convenience Food in die Mikrowelle schiebt, aus meiner Sicht übrigens eine der wichtigsten technologischen Errungenschaften der Neuzeit, was es zu Fast Food macht. Das geht fast gar nicht.

Also, der Teig wurde selbst gemanscht und in das Backdings gepresst. Das hat oben eine Glasscheibe, durch die sich der Fortgang der Dinge beobachten lässt. Aber es ließ sich nichts beobachten, denn das Glas war zugekleistert, mit Brotteig, von innen. Ähm, es müsse wohl zu viel Hefe gewesen sein.

Wie vor einem Jahr, als es zu viel „Rohrfrei“ in der Dusche war. Micha, der Installateur – der Installateur verhält sich zum Klempner wie die Friseurin zur Friseuse –, Micha also kam, danach lief das Wasser wieder ab. So, sie nahm den Teig aus der Backmaschine, matschte ihn in eine Schüssel und gab ihm so richtig Saures.

Ich durfte assistieren, auf Anweisung Mehl rieseln lassen, auf den Teig, auf ihre Hände. Es gäbe, wandte ich ein, doch bestimmt ein gewisses, gesetztes Quantum an Mehl, man könne da doch nicht herum probieren wie mit Gewürzen. Sie sah mich an, so auf die Art, die mir signalisierte, es wäre der Atmosphäre dienlich, mein Wissen für mich zu behalten.

Am Nachmittag wollten wir nach W., und ich nahm mir ganz fest vor, dort den Vorschlag, dieses Brot könne wenigstens zur Stabilisierung einer gerade gegossenen Bodenplatte dienen, nicht zu äußern. Schließlich war kein Mehl mehr in der Tüte, ihre Hände erinnerten ein wenig an Horrorfilme, wenn der Mensch zerfließt.

Irgendwie hat sie das abbekom-men, ohne dass wir Micha rufen mussten. Dann kam das Ganze in den guten alten Backofen. Und es wurde, das ist das Wunder, ein wunderbar schmeckendes Brot, würdig des Angrillens in diesen schweren Zeiten.

Der Umstand gibt mir Hoffnung. Sie hat nämlich im Januar auf einem Markt in Sri Lanka eine Pfeffermühle gekauft, ich schaute mir derweil die Hunde an. „Pepper mill?“ hörte ich sie fragen, der Verkäufer nickte fröhlich.

Zu Hause zeigte sich, dass das keine Pfeffermühle ist. Es ist ein hölzernes Gerät zur Herstellung von String Hoppers, so eine Art Nudeln, gern zum Frühstück. Und wenn sie das mit dem Brot konnte, kann sie vielleicht auch die Nudeln.

Denn der Mensch, wie der Gastronom sagt, lebt nicht vom Brot allein.