Henryk Goldberg über die Frage, wie preiswert das Glück ist.

Na, alles wieder gut? Doch, war ganz schön, alles in allem. Wir auch. Viel Familie, viel Essen, paar Geschenke. Wir sind bei unserem 10-Euro-Limit geblieben, das hat sich bewährt. Na ja, jedenfalls war es lustig. Fast so lustig wie der Umstand, dass der Schlüssel-Finder, den ich ihr letzte Weihnacht schenkte im Korridor bei den Schlüsseln liegt, unausgepackt. Wenn sie ihre Schlüssel gefunden hat, legt sie die dann manchmal dahin. Zehn Euro und bisschen Spaß, so geht Weihnachtsgeschenk heute. Aber was wird morgen sein?

Morgen, symbolisch gesprochen, ist Januar. Der Name verdankt sich dem zweigesichtigen Gott Janus. Der steht für Anfang und Ende, für Leben und Tod, für Licht und Dunkelheit. Und für all das öffnet uns der Januar Tür und Tor. Was also mag der Himmel beschließen für uns, in diesem neuen Jahr? Was geschieht da oben, mich betreffend?

Dieses: „Seit mehr als 5 Tagen singt Ihr Schutzengel unaufhörlich heilige Lobgesänge. Und hebt damit Ihren Geist bis an die Grenzen der unsichtbaren Welt.“ Uff.

Ich habe es immer geahnt. Und nun habe ich Gewissheit, Zoltan sei Dank. Zoltan schreibt mir seit Tagen E-Mails, die so sehr mit meinen Vorstellungen über mich und meine Zukunft harmonieren, dass sie einfach wahr sein müssen. Woher sonst soll Zoltan, Magier und Spiritualist, das wissen? Allerdings, er macht mir auch ein bisschen Bange: „Ich weiß nun, wie schlimm Ihre finanziellen Probleme noch werden.“

Und auch das muss wahr sein, denn im Januar machen wir Urlaub, deshalb wird diese Kolumne nicht erscheinen, deshalb entgeht mir die fette Kohle, die es sonst hier gibt.

Doch Zoltan bietet mir Hilfe an. Das einfachste wäre, die Geschäftsführung entschlösse sich, mich auch ohne Arbeit zu bezahlen, aber solche kleine Brötchen backt Zoltan nicht. Er will sich kümmern. „Jeden Tag verfolge ich aufmerksam den Verlauf der Dinge in Ihrem Leben. Ich bin sogar in einen Telekontakt zu Ihnen getreten, während Sie geschlafen haben!“.

Das macht mich nun doch etwas unruhig. Gewiss, der „Große Botschafter der Engel“ tut nur, was ein Botschafter tun muss, aber was sagt unser Freund Datenschutz dazu? Und was die LINKE in Thüringen, die ja sogar den vergleichsweise diskreten Verfassungsschutz abschaffen will sich aber noch nie zu Zoltan positioniert hat?

Aber Zoltan lebt auf der guten Seite der Macht, der wird mir helfen. „Eine großartige Verbesserung steht aber auch auf der Gefühls-ebene an. Sie werden im Mittelpunkt eines neuen sozialen Lebens stehen, dass Sie erfüllen wird.“ Diese Ankündigung allerdings erfüllt mich mit Schrecken. Als ich das letzte Mal mein soziales Leben neu geordnet habe, das war vor reichlich 10 Jahren, da war das nicht besonders lustig, aber seitdem geht’s mir gefühlstechnisch eigentlich ganz gut und erfüllt, ich würde das ungern ändern. Aber da muss ich mir keine Sorgen machen.

Zoltan schickt mir Referenzen, so diesen Dankesbrief einer Frau: „Und auch mein Liebesleben hat neuen Schwung bekommen... Ich begegnete auf der Straße dem Blick eines Mannes. Und dieser Unbekannte von gestern teilt heute mein Leben. Er ist sehr lieb und erweist sich als idealer Vater für meine Kinder.“ Verstehen Sie? Zoltan hat damals auch schon mit der Dame kommuniziert und sie hat ihn heimlich gedankt, die Gute.

Aber jetzt kümmert sich Zoltan um mich, auch um meine Vergangenheit, er hat Visionen meiner Kindheit: „Zunächst sah ich ein Neugeborenes, umgeben von einem strahlenden, goldfarbenen Licht. Das deutet eindeutig darauf hin, dass ein guter Stern Sie am Tag Ihrer Ankunft auf der Erde begleitete“.

Das ist einerseits schmeichelhaft, andererseits fürchte ich, Zoltan hat da in seiner umfangreichen Kundenkartei etwas verwechselt. Dieser Vorgang ist wohl schon etwas länger her, wir hatten gerade ein paar freie Tage deshalb.

Aber im Großen Ganzen wird alles gut, Zoltan wird die gegensätzlichen Energien in mir – ein guter Freund sprach einmal von zwei Seelen ach in seiner Brust –, diese Energien also wird er ausbalancieren, er muss nur noch das magische Datum berechnen. Und das alles für neun Euro. Der Schlingel, er wollte unbedingt unser Weihnachtslimit unterbieten.