Henryk Goldberg über das Rätsel der Frauen und der Stadt Erfurt.

Natürlich, das musste ja so sein. Am Mittwoch war der erste Tag, an dem der Corona-Test selbst zu bezahlen war. Aber schließlich, wir finden das ja ohnehin richtig.

Also haben wir uns, mit Rücksicht auf allerlei Menschen, unter besonderer Beachtung von Karl und Joscha, angemeldet. Völlig problemlos, das System funktioniert. Haus der sozialen Dienste, Erfurter nennen es gern noch das Gewerkschaftshaus. Alles klappt, am Ende müssen wir jeder fünf Formulare unterschreiben, drei bekommen wir mit, von denen sind mindestens zwei überflüssig.

So wie der große Saal. Wir haben dort früher schon Spaß gehabt, 17 Hippies, Eric Burdon und so. Jetzt sind da drei (3) Mitarbeiter und sechs (6) Testwillige, also neun (9) Menschen. Und deshalb wird einem Erfurter Konzertveranstalter von der Stadt die Nutzung dieses Saales untersagt, deshalb wird ihn Corona wohl die Existenz kosten. Doch, sagt die Stadt, das muss so sein.

Was für ein Unsinn. Und was für eine Ignoranz gegenüber der kulturellen Infrastruktur der Stadt, gegenüber den Bedürfnissen ihrer Bürger. Selbst wenn, wie es hieß, hier einmal ein Ansturm herrschen sollte: So wie sie hier die Sicherheit, den Abstand der Wartenden handhaben, ginge es nicht langsamer, wenn der Raum kleiner wäre. Warten, wenn es denn mehr wären, könnten die Menschen ebenso auf den langen Korridoren, die Formulare ausfüllen in einem Büro, den eigentlichen Test dann in einem zweiten vornehmen lassen. Zwei Büros und ein Korridor.

Aber nein, sagt die Stadt, und die Stadt ist die Stadt, und die hat schon öfter nicht geschert, was gut ist für die Stadt und ihre Menschen. Die Seuche, die diesen Musikveranstalter am Ende womöglich umbringen wird heißt nicht Corona, sie heißt Ignoranz und Gleichgültigkeit.

Und sonst?

Sonst war es wirklich schön. Romantische Städte und liebliche Landschaften, die Geburt der Venus und die Zelle des Franz von Assisi, Wein und Oliven. Aber mein schönstes Ferienerlebnis, das war in Montepulciano.

Es war, als die Dame lüstern eine Auslage umschlich, darin lagen Handtaschen. Handtaschen! Italienische!! Wer bin ich, ihr und mir den Urlaub zu verdüstern, also redete ich ihr gut zu. Allerdings, zu sagen, ich hätte sie überredet, träfe nicht ganz den Kern der Szene, ich gab jedoch zu verstehen, ich verstünde das Begehren.

Was allerdings nicht wirklich zutrifft. Bis zu einem gewissen Punkt verstehe ich das irrationale, obsessive Verhältnis, das Frauen zu Schuhen entwickeln. Immerhin, so ein Schuh – wenn er nicht im einschlägigen Regal verdämmert, weil seine Funktion mit dem Kauf erfüllt ist –, so ein Schuh also ziert das Bein, und das Bein als solches ziert die Frau als solche, das weiß sie und das weiß er und alle sind zufrieden – auch wenn die Kosten des Schuhs sich nicht immer in einem adäquaten Verhältnis zu dem durch ihn bewirkten optischen Zugewinn befinden. Das stützt dann die ein bisschen deprimierende Vermutung, das, was wir von dem Bein hielten, sei nur, wenn überhaupt, gleichsam der Beifang. Eigentlich meinen sie sich, nicht uns. Aber immerhin.

Der Mythos der Handtasche allerdings, der scheint mir für einen Mann grundhaft unzugänglich. In einem der „Sex and the City“-Filme stößt eine junge Frau spitze Schreie aus, weil ihr eine andere eine Handtasche schenkt, irgendeine berühmte Marke. Okay, vielleicht geht es Frauen so, wenn unsereiner ein neues Auto hat mit vielen neuen Knöpfen und Schaltern, ich fand bei der Gelegenheit den gelassenen Gleichmut der Dame und meiner Schwester immer etwas enttäuschend. Aber ich – ein Mann der weiß, was Frauen wollen! –, habe die Schönheit der neuen Tasche wieder und wieder bekräftigt und nicht nur deshalb war das ein wunderschöner Tag. Als wir dann wieder hier waren und am Mittwochabend das Haus verließen, wies ich sie auf einen praktischen Effekt der neuen Schönheit hin. Weil sie doch in ihrer alten Tasche immer die Schlüssel sucht. Hier, sagte ich, ist ein Reißverschluss außen und ein kleines Fach, da müsstest du nie mehr den Schlüssel suchen. Ja, lächelte sie, das ist sehr gut. Als wir am Abend vor der Tür standen, da kramte sie konzentriert in den Tiefen der Tasche nach dem Schlüssel.

Aber schön ist sie schon.