Henryk Goldberg war im Urlaub, andere auch.

Nee, nix passiert. Frau G., übrigens nicht verwandt mit dem unterzeichnenden Herrn G., hatte freundlich gefragt. War nicht Corona, war nur Urlaub.

Obwohl, manchmal gibt es da ja einen Zusammenhang. Früher, ganz früher, wollte ich mehrmals Seemann werden, der Welt wegen, jetzt war ich Kapitän. Nicht wirklich auf den Weltmeeren, aber in einem Stückchen Welt, das einst so weit weg war wie die Südsee. Canal Marne au Rhin, auch nicht schlecht.

Das Hausboot hat in etwa die Schnittigkeit einer Zigarrenkiste, das lässt die Leistung der Crew in einem so helleren Licht erstrahlen. Vor allem, natürlich, die des Kapitäns.

Okay, am Ende waren drei fette Fender zu bezahlen, aber dafür wurden keine fremden Marineeinheiten beschädigt. Nur ein todschickes Boot leicht touchiert, nichts passiert. Dennoch fuhr uns der bayerische Schiffseigner, den wir nur ganz leicht angefahren hatten, ziemlich böse an. Am Nachmittag sahen wir, wie seine Frau die Fender mit dem Schlauch besprühte, während er mit einer Bürste nachpolierte.

Fender, wer sich in der Seefahrt nicht so auskennt wie unsereiner, das sind diese Dinger, die außen dran hängen, falls man mal jemand ein bisschen rammt, manche nehmen auch Autoreifen. Auf diesem Boot konnte man bestimmt aus der Kloschüssel essen, aber als Nachbar wären der Käpt’n un sin Fru wohl, wie man so sagt, ein Griff ins Klo. Im Übrigen viele nette, freundliche Menschen, die so manches Anlegemanöver ermöglichten.

Der 1. Offizier, der eigentlich Käpt’n sein wollte, aber schließlich akzeptierte, hieß Emil und war auf dieser Fahrt dabei, weil seine Mama dabei war, ihm zwei Brüder zu verschaffen. Er machte einen guten Job, hielt die Leine, wenn er sollte, und er sollte oft, auch wenn es manchmal eine halbe Stunde ohne Schleuse ging.

Nur, dass der Erste auch die zweite Schachpartie seines Lebens gegen den Käpt’n verlor, das machte ihn ein klitzkleinesbisschen missmutig. Man sieht daran, dass diese neue Generation vor Ehrgeiz brennt.

Dann hatten wir natürlich noch den Smutje, was gut war, denn als die letzte Schleuse des Tages früher schloss als geplant, da ankerten wir im Nirgendwo und konnten nicht essen gehen. Eigentlich war der Smutje, das ist jetzt ein generisches Maskulinum, falls Sie wissen, was ich meine, der Smutje also war eigentlich der befehlshabende Kapitän, wieder so ein generisches Ding, aber aus pädagogischen Erwägungen schien es uns ratsamer, den Ersten nicht offiziell an das Ende der hierarchischen Nahrungskette zu hängen.

Also, wenn Sie mal Lust haben, macht wirklich Spaß, und irgendwann klappt’s auch mit den Schleusen.

Auch die Heimreise klappte gut, war schließlich kein Risikogebiet, kein Test, nirgends. Wir kamen ja schließlich nicht aus Warna.

Aber auch da wär uns nichts passiert. Nur denen, die wir später vielleicht angesteckt hätten. Schließlich, den zuständigen Behörden war es nicht möglich, bei Zeiten zu recherchieren, woher all die vielen Flugzeuge kommen, die im Minutentakt auf dem Flughafen Erfurt-Weimar landen. Aber inzwischen hat es ihnen wohl jemand gesagt und möglicherweise ist der Test schon ab heute möglich, zwei Wochen später als in Frankfurt oder München.

Klar, die haben ja auch nicht mit solchen Dimensionen zu kämpfen wie wir hier. Aber es geht vorwärts, wie man hört und liest, ab morgen gibt es die Tests auch auf dem Flughafen in Erfurt. Respekt, Leute, Respekt.

Aber vielleicht wird das ja auch, so äußern viele freiheitsliebende Mitbürger, wirklich übertrieben. Zumal bisher nur fast jede zweite Neuinfektion Reiserückkehrer betrifft. Übrigens müssen die sich, obgleich der Test verpflichtend ist, wenn sie es eilig haben, in Erfurt nicht aufhalten lassen. Sie können selbst entscheiden, ob sie sich gleich oder später testen lassen. Da muss man schon in Kauf nehmen, dass Tage später niemand so genau weiß, ob die Eiligen sich zu Hause testen ließen. Die Freiheit fordert halt ihre Opfer. Ich bin gespannt, wer zuerst die freiheitlich-demokratische Forderung erhebt, dass die Tests nicht nur kostenfrei sind. Wer sich diesem Angriff auf seine demokratische und körperliche Unversehrtheit stellt, der hat sich doch eine Prämie verdient.