Henryk Goldberg über wahre Liebe und wie sie belohnt wird.

Heute ist der entscheidende Tag bei der Tour de France. Falls Sie jetzt stöhnen, weil Sie das nicht interessiert, bleiben Sie trotzdem dran, das wird kein Sportbeitrag. Obgleich es mich wirklich interessiert, wer da heute das Gelbe Trikot erkämpft. Es ist nämlich so, dass die Jungs dort alle bunte Hemden tragen, aber der Beste, der bekommt das Gelbe. Und das macht mich jetzt ein bisschen, na ja, sagen wir: melancholisch.

Nämlich. Ich liebe sie wirklich. Nicht Sie, euch Abonnenten liebe ich doch alle. Aber sie, die Dame, besonders. Zum Beispiel werde ich nach Abschluss dieses Beitrages über das Zusammenleben der Menschen in die Stadt gehen und Blumen kaufen, die ich dann konspirativ und kühl irgendwo hier verstecke. Denn morgen, in meinem Morgen, ist Hochzeitstag und da wird sie am Morgen Blumen finden. Ich weiß schon, das ist kein Grund zum Angeben, ich meine ja nur. Und heute, also in Ihrem Heute, wird, wie schon erwähnt, die endgültige Entscheidung über das Gelbe Trikot fallen. Aber ich werde sie nicht erleben.

Denn wir befinden uns in diesem Heute, am Sonnabend, mit Emil samt Eltern im Legoland. Wer möchte seiner Frau, die eine Oma ist, schon widersprechen, wenn sie sagt, wir fahren da mit dem Emil, der ihr Enkel ist, dorthin. Und Legoland ist wirklich klasse, die haben, wir waren im Vorjahr schon einmal dort, eine erstklassige Achterbahn, mit VR-Brille und allen Schikanen. Wider allen Erwartungen hatte ich beim Erstbesuch wirklich Spaß. Aber da war auch keine Tour de France.

Mein ehemaliger Vorgesetzter, Herr Sch., möge sich nur einmal vorstellen, die Gattin wollte ihn während eines entscheidenden Spieles der Fußball-WM irgendwo ins Freie locken. Das würde die sich gar nicht trauen. Siehst du, Alter, so geht Liebe. Ich werde die beiden entscheidenden Etappen am Freitag und Sonnabend verfolgen, indem ich, wenn der fröhliche Familienpulk im bunten Legoland einmal nicht die ganze Aufmerksamkeit erfordert, via Smartphone einen raschen Blick auf einen Live-Ticker zu erhaschen suche.

Also, ich finde, damit kann Mann schon bisschen angeben, Sie wissen schon: Tue Frauenfreundliches und rede darüber.

Und die Frage ist, da wir gerade über die Farbe Gelb reden, wie einem so etwas gedankt wird. Zum Beispiel, indem sie mit einer gewissen Beharrlichkeit meine Lieblingshemden und dto. Jeans entsorgt. Bei den Hosen ist es nicht so schlimm, die sind ja im Prinzip alle gleich. Vor einigen Wochen waren wir, die Dame, die junge Dame, eine Freundin und ich in Neubrandenburg, ein erstklassiges Hosenverkaufsgeschäft. Ich hatte zwei Jeans anprobiert und gekauft, während die Damen noch überlegten, welche der Hosen sie als Erste auf den Probierstapel legen sollten. Es war eine soziale Erfahrung, zu beobachten, mit welcher Ausdauer vier Frauen, da war noch die kompetente Verkäuferin, die verschiedensten Aspekte einer Hose erörtern können. Am Ende waren alle zufrieden.

Beim Thema Hemden ist es in der Regel nur sie, die zufrieden ist, mein Zustand ist Resignation. Denn am Ende bin immer ich es, dem etwas genommen wird, in der Regel das beste Hemd. Einmal war es ein gelbes, deshalb fiel mir das jetzt wieder ein, der Schmerz nistet wohl noch immer. Es war das beste aller Hemden, und ob dieses Gelb den Maßgaben der Mode für den älteren Herrn entsprach, das ist die falsche Frage, so lang der ältere Herr es mag. Aber das gilt erst recht als die falsche Frage, so lange es den Maßgaben der Dame für den älteren Ehemann nicht entspricht.

Das aktuelle gelbe Hemd ist braun. Ich weiß nicht warum, aber ich darf es nicht anziehen. Es ist nicht einmal Nazibraun, die Gefahr, dass sie mich für einen Nazi hält ist überdies nicht so sehr groß. In Nazifragen ist unsere Übereinstimmung deutlich größer als in solchen der Mode. Was im Übrigen auch gut ist. Ich wünschte wirklich nicht, dass sie mein Gefühl für Mode hätte, welcher Mann sieht es nicht gern, wenn seine Frau auch am Tage angenehm anzuschauen ist. Aber meine Hemden, Schatz, gehören mir! Doch dieser Satz wird von Ihnen nicht annähernd so respektiert wie sein Original von uns.

Es gibt eine Werbung, da behaupten sie „Das wichtigste Hemd im Leben eines Mannes ist weiß“.

Das ist Quatsch, die haben keine Ahnung. Das wichtigste und schönste Hemd im Leben eines Mannes ist das, das seine Frau gerade zur Entsorgung bestimmt. Sie haben ein Gespür dafür.