Henryk Goldberg fragt sich, wer und was hier Schule macht.

Eugen-„Nuft Cnavigo!“ Rümpel hat ein Problem. Die Neute nachen naut über ihn, nur weil er dieses Sprachproblem hat und keine Schauspielschule ihn will. Heute hätte er kein Problem, jemanden zu finden, der ihn ausbildet. Zur Not, so würden sie sagen, könne er ja mit „Pension Schöller“ tingeln. Denn in Deutschland gibt es beinahe 80 Schauspielschulen – oder was sich so nennt. Und nun, heißt es, soll eine weitere hinzukommen. In Thüringen.

Dabei, Bernhard Stengele kam auch schon seriös und ehrenwert in den Medien vor. Als Schauspielchef in Altenburg/Gera hat er dort wichtige Arbeit geleistet mit einem zu Teilen internationalem Ensemble. Der Höhepunkt war ein kontroverser „Der Hauptmann von Köpenick“ mit einem Afrikaner in dieser Rolle des in jeder Hinsicht urdeutschen Hochstaplers. Am Ende hat das internationale Ensemble Altenburg verlassen, zu Teilen wegen eines latenten Rassismus, zu Teilen aber auch, weil es am Ort zu langweilig, zu uninspirierend, zu klein war. Auch Bernhard Stengele sagte, er könne nicht bleiben „wo meine Freunde und Künstlerkollegen nicht sein können“. Aber jetzt kommt er wieder, mit einem Plan.

Er möchte für Thüringen eine „International Academy of Performing Arts“ gründen. Und zwar in seiner Eigenschaft als grüner Direktkandidat für die anstehenden Landtagswahlen. Und ich frage mich, ob das für die gerade reüssierenden Grünen tatsächlich eine gute Performance ist. Und antworte ungefähr so: Es ist ein Unsinn.

Was im Übrigen, wie eine Umfrage dieser Zeitung erwies, auch die Thüringer Intendanten wissen, die kennen das Geschäft und den Markt.

Eine Schauspielschule benötigt heute, neben Kleinigkeiten wie viel Geld und guten Dozenten, vor allem zwei Voraussetzungen, die sind die conditio sine qua non: Eine Tradition und ein Umfeld. Und von beiden kann in Thüringen nicht die Rede sein. Die beiden Schauspielschulen, die es in den letzten hundert Jahren in Thüringen gab, überlebten sieben (Meinin-gen) und acht Jahre (Weimar) und beides hatte Konsequenz. Die Theaterhochschule Leipzig, in der das Deutsche Theaterinstitut Weimar 1953 aufging, galt und war gegenüber der Schauspielschule Berlin unterlegen – was auch damit zu tun hatte, dass Dozenten und Studenten lieber in Berlin lebten, auch, aber nicht nur der Theater wegen. Und dabei war auch Leipzig-Ost ein Ort, mit dessen Dynamik und Lebendigkeit keine Stadt in Thüringen-West mithalten kann.

Wo in Thüringen sollte solch eine Truppe Heimat finden? In Altenburg, wo sie dem alltäglichen Rassismus begegneten? In Weimar, wo sie sich ständig auf die Füße treten, in jeder Hinsicht? In Rudolstadt, wo Steffen Mensching so erfolgreich ist, weil er nicht nur weiß was er sich, sondern auch und vor allem seiner kleinen Stadt schuldig ist? In Meiningen, wo der Vorgänger von Ansgar Haag scheiterte, weil er ein sanft avantgardistisches Theater machte? In Jena vielleicht, wo es eine Truppe und eine Tradition gibt, aber wie, zum Teufel, lockt man Künstler aus aller Welt für Jahre nach Jena? Und alle Welt sollte es schon sein, nach Stengele. „Performing Arts“ klingt sehr nach Körpersprache, nach Sprach-Mix, so wie sie es in Weimar mit dem „Kula“-Ensemble probieren. Aber diese Ausnahme bestätigt indes auch die Regel: Gesprochene Sprache wird die Grundlage der darstellenden Kunst bleiben, so wie die Gestalt des Menschen das Kontinuum der bildenden Kunst ist.

Überdies wäre es niemandem zu erklären, weshalb das Land – und es bedürfte ja mindestens einer beträchtlichen Anschubfinanzierung – weshalb das Land Geld ausgibt für eine weitere Schauspielschule, während viele in und für Thüringen arbeitende Bühnenkünstler nach Haustarifverträgen –vulgo: schlecht – bezahlt werden.

Es gab in Thüringen einmal eine Schule von wirklich internationaler Bedeutung, von europäischem Einfluss, das Bauhaus. Und es gab eine Landesregierung, die, unter Dieter Althaus, 2009, zum 90. Jubiläum, keine Landesausstellung zum Bauhaus wollte, Natur und Bauen erschien ihr prägender für Thüringen. Und zum 100. Jubiläum wurde nach vielen Querelen ein Museum fertig, dessen Lage als Instrument der Stadtentwicklung betrachtet wurde, dessen Architektur die Botschaft versendet, eine feste Burg sei unser Gott und so kompakt wie die Nazis können wir alle Male bauen.

Aber auf eines können wir bauen: Band sind Wahnen mit vienen nustigen Vorschnägen.