Henryk Goldberg über das schwierige Verstehen mancher Frauen.

Es ist nicht immer leicht, doch ich bin ein Frauenversteher. Ich muss da so insistieren, weil die Dame letztens meinte, so und so, aber manche Dinge in dem Männer-Frauen-Ding verstünde ich nicht so recht. Kann ja sein, aber dafür verstehe ich andere Dinge.

Zum Beispiel dieses: „Betreff n paar n 10 unten Taschen!“. Diese Mail von ihr erhielt ich am 23. August um 19.32 Uhr. Ich weiß das so genau, weil ich dieses Dokument aufbewahrt habe zum Exempel, dass es sehr sensiblen Männern doch gelingen kann, die klandestinen Gedanken ihrer Frauen zu verstehen. Ich erhielt also diese Mail und tat, was zu tun war. Raten Sie mal.

Raten ist überhaupt so ein Schlüsselwort moderner Kommunikation, in Sonderheit, wenn diese Kommunikation WhatsApp-basiert ist. Kann sein, dass die Dame, weil sie um die Bedeutung der Mann-Frau-Kommunikation weiß, diesen Dienst nur nutzt, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Meine Schwester hingegen ist ein Mensch, der zum einen ein Kommunikationsbedürfnis hat, dem dieses Schnellschreibprogramm sehr entspricht, sie bedient es, scheint mir, mit 10 bis 12 Fingern, und zum anderen hat sie die existenzielle Bedeutung der Verständigung zwischen den Geschlechtern nie so recht begriffen. Will sagen, sie schickt mir ständig kryptische Nachrichten über WhatsApp. Und sie ist eine sehr dynamische Frau.

So schrieb sie mir aus dem Zug „Danke mache es mit im botdrestsitsnt nwtt“. Na? Logo, sie macht es sich im Bordrestaurant nett. Kann man ja verstehen, Hektik, Stress, kann sein, in zwei, drei Stunden hält der Zug, dann heißt es hurtig, hurtig und raus. Nach Moskau bekam ich die Nachricht „Beneide eichbtrptudrm“. Sollte der FSB mitgelesen haben, sind wohl seine besten Kryptologen gescheitert an der Decodierung, der Klartext hieß „euch trotzdem“. Manchmal schreibt sie aus dem Wald und dann raunt es wie der Heimat dunkle Tannen „Diana h s hau ich erst wieder aufs handy who“. Nein, sie hat das blöde Handy nicht gehauen, sie meinte, kaum zwei Stunden später kam die Erklärung, „Ich schau erst wieder aufs Handy, wenn ich aus dem Wald heraus bin“. Manchmal erschreckt sie mich auch ein bisschen. „Denkst du an den stuttering?“ Stutterring? Was zum Teufel ist das denn für ein Werkzeug und wofür? Uff, Entspannung, es war nur der „Arzttermin“ für unsere Mutter.

Aber manchmal revanchiere ich mich. „gleich Dracgenvahnp“. Sie wird es nicht verstanden haben, aber da wir mit Emil im Legoland waren wusste ich, dass gleich die Drachenbahn kommt. Manchmal ist es einfacher wenn man Teil des bedeutenden Ereignisses war, das der geheimnisvolle Text beschreibt. Weil ich den Abend zuvor mit erleben durfte, ich war der Fahrer und also alkoholfrei, verstand ich das sofort. „Na hast dich gestern Formung gexhämt“. Nein, ich hatte mich nicht „für uns“, die Damen also, geschämt. Jedenfalls nicht sehr. In meiner späten Kindheit gab es den sogenannnten . „Deutschen Soldatensender“ und den, der Name war noch lustiger, „Deutschen Freiheitssender 904“, das waren Ostsender für den Westen. Die gaben immer ein bisschen an mit den geheimnisvollen Mitteilungen für die Kundschafter des Friedens. Mein Lieblingsruf war „Rotkäppchen ruft Sahnequark“, kann sein, der Erfinder wurde dafür Aktivist der sozialistischen Kundschafterei. Der gequirlte Buchstaben-Quark bei WhatsApp liest sich mitunter, als sei Rotkäppchen noch guter Dinge.

Ich kenne die Nachrichten nicht, die andere von anderen erhalten, aber vermutlich werden die Texte umso kryptischer, je näher der Autor dem Empfänger steht. Man geht lässiger miteinander um, wenn man sich kennt. Ich verschreibe mich eher selten in Artikeln, aber wenn ich maile, dann passiert es ständig. Kann sein, das Unterbewusstsein stellt fest, dass dieses Ding nur einen Leser haben wird und dimmt die Aufmerksamkeit. Das ist nicht schön, aber es ist wohl häufig so. Und dann gibt es noch das automatische Korrekturprogramm. Das schickte mir unlängst „Meeresschildkröten“. Hä? Es war die Übersetzung des Versuches meiner Schwester, mir zu sagen „Mensch was ich dir geschrieben habe“.

Ach so, die Auflösung. Was die Dame mir sagen wollte war, ich solle in 10 Minuten unten sein und die Einkaufstaschen hochtragen, klar. Ich wusste es, weil es jeden Freitag so ist. So galt, was meine Schwester mir schrieb: „Is having this one for Stanton“. Ich habe das schon verstanden.

Verstehen Sie, was ich meine?