Karsten Jauch über die Meininger Hochschule für Schauspielkunst.

Wäre nicht gerade Landtagswahlkampf in Thüringen und hätten die Grünen nicht in ihrem Wahlprogramm, wie wir vor wenigen Tagen berichteten, vorgeschlagen, in Thüringen eine internationale Schauspielschule einzurichten, dieses Jubiläum wäre still vorbeigezogen: Vor genau einhundert Jahren wurde in Meiningen eine Hochschule für Schauspielkunst gegründet. Die Idee der Grünen für Talente aus aller Welt ist also nicht neu.

Das Meininger Institut war dem damaligen Landestheater angegliedert, das aus dem Hoftheater hervorgegangen war. Dessen Intendant war praktischerweise auch Leiter der Schule. Wichtigste Lehrkraft dürfte damals Helene Freifrau von Heldburg gewesen sein, die Witwe des 1914 verstorbenen Theaterherzogs Georg II. von Sachsen-Meiningen. Bevor sie Gemahlin des Landesherrn wurde, war sie Schauspielerin an seinem Theater. An der Schauspielschule hat sie dann die Ideen ihres Mannes in die Herzen ihrer Eleven gepflanzt.

Bis heute sind die Meininger weltbekannt. Jeder Schauspieler oder Theaterwissenschaftler hat schon einmal davon gehört und bekommt bei Meiningen irgendwie ein warmes Gefühl. Christoph Stölzl, Präsident der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ in Weimar, hat das schon vor zwei Jahren in einem Gespräch mit Thea Dorn im Rahmen der „Erfurter Herbstlese“ analysiert. Zu den bis heute gelehrten Meininger Grundprinzipien gehörte nicht nur der Anspruch, dass die Theaterfinanzierung Pflicht der Gesellschaft sei, sondern alle beteiligten Künste zusammengefasst werden. In dem Gespräch lobte Christoph Stölzl die Innovation des Ensembles. „Die haben alles erfunden – die perspektivischen Bühnen, die Beleuchtung – lange vor Hollywood.“ Genau so verhält es sich auch mit der Darstellungsweise und dem Rollentraining. Zuerst hat Max Reinhardt davon profitiert, dann Konstantin Stanislawski und in New York City hat schließlich Lee Strasberg nach dem Zweiten Weltkrieg das „Method Acting“ zur Lehre erhoben. Aus den Absolventen seines Institutes gehen bis heute „Oscar“-Gewinner hervor.

Wenn die Thüringer Grünen es mit ihrer Ankündigung einer neuen Hochschule ernst meinen, dann gibt es für diese internationale Akademie nur einen Ort im Lande. 1926 wurde die Hochschule für Schauspielkunst Meiningen geschlossen. Jetzt gäbe es eine Chance, sie wieder zu öffnen.