Karsten Jauch über den Kunstvermittler Bazon Brock, der einst auf der Wartburg Luthers Wurf mit dem Tintenfass nachstellte.

Das hat eindeutig einen Linksdrall“, ärgerte sich Bazon Brock. Dann klatschte schon die nächste, mit Tinte gefüllte Glaskugel auf den weißen Karton. Zum Geburtstag Martin Luthers wurde am 10. November 2009 auf der Wartburg der legendäre Wurf mit dem Tintenfass auf den Teufel nachgestellt. Bazon Brock, der Ästhetik-Professor und „Denker vom Dienst“, saß damals im blauen Schutzanzug in der Lutherstube und dozierte vor sich hin. Sein Adlatus war der Hallenser Künstler Moritz Götze, der die Idee mit Christbaumkugeln aus Lauscha umsetzte.

Dass Martin Luther tatsächlich ein Tintenfass nach dem Teufel geworfen habe, das vermag sich niemand vorzustellen. Es war vermutlich ein Reflex von Luthers Überarbeitung. Bazon Brock ging es auch viel mehr um die Legende, die dahinter steht: Das Volk hat die psychologische Seite viel besser verstanden, sagte Bazon Brock, der heute 85 Jahre alt wird und als Aktionskünstler selbst zur Legende taugt. So hat er mit Joseph Beuys 1965 in einer Wuppertaler Galerie eine 24-Stunden-Aktion gefeiert. Ein paar Jahre später brachte er auf der Kasseler Documenta mit den sogenannten Besucherschulen den Mensch die Kunst nahe – oder er hielt auf dem Kopf stehend Vorträge.

Auch den Tintenwurf auf der Wartburg hat Bazon Brock, der diesen Auftritt „Action Teaching“ nannte, als eine pädagogische Aufklärungsarbeit verstanden, um die Legende mit Kunst augenscheinlich machen. Der Mythos ist die höhere Ebene der Wahrheit.

Zu seinem Geburtstag wird am 2. Juni in Wuppertal ein Performance-Festival mit dem schönen Titel eröffnet: Ich trete aus der Kunst aus.