Frank Quilitzsch hat Karikaturist Nel bei der Bob-Dylan-Zeichnung über die Schulter geschaut.

Sorry, wenn ich noch mal auf das Bob-Dylan-Konzert in Erfurt zurückkomme. Es hat Fragen gegeben – wegen des Fotografierverbots und wegen der phänomenalen Zeichnung, die der Erfurter Karikaturist Nel vom 78-jährigen Meister des Folk, Rock und Blues anfertigte.

Nel hat nicht auf der Bühne gesessen. Auch nicht vorn in der ersten Reihe. Er saß während des gesamten Konzerts neben mir, etwa in der Mitte des Saales, schätzungsweise dreißig Meter von der Bühne entfernt, und hatte nicht mal einen Skizzenblock dabei.

„Zeichnest du keine Studien?“, wollte ich wissen. Er schüttelte den Kopf.

Wie auch. Dylan saß hinterm Flügel, man sah nur seinen schwarzen Hut, sein weißes Gesicht und ein paar (graue?) Locken. Keinerlei Details.

Vielleicht hätte ich ein Opernglas mitnehmen sollen. Aber ich war ja froh, dass Nel überhaupt mitgekommen war. Er ist kein Freund von Massenaufläufen. Ich glaube, das war sein erstes großes Live-Rockkonzert.

Wir hatten in der Redaktion hin und her überlegt, wie wir mit Dylans Fotografierverbot umgehen sollten. Es gilt ja seit mehr als 25 Jahren. Dieser eitle, alte Mann, schimpften einige. Man sollte seine Konzerte boykottieren!

Einige Zeitungen haben das bereits getan, und die Deutsche Presseagentur ignoriert aus Protest sämtliche Auftritte des Rockstars. Doch Dylan steht mit seiner Marotte nicht alleine da. Auch Sting, Justin ­Bieber, Neil Young, Adele und noch einige andere sollen schon Fotografen den Zugang zu ihren Konzerten verwehrt haben. Was also tun? Nicht hingehen? Vom Konzert berichten, aber anstelle des Fotos die Zeitung weiß lassen? Auch das hat es schon gegeben.

Bob Dylan in Erfurt. Zeichnung: Nel
Bob Dylan in Erfurt. Zeichnung: Nel © Nel

Nein, sagte ich. Wir schicken unseren Zeichner los, dass er sich und uns ein Bild von Bob Dylan mache. Eines, das mehr von ihm zeigt, als ein Foto vermag.

Ich wusste, dass Nel genau der Richtige dafür war. Doch ich hatte keine Ahnung, wie er es bewerkstelligen würde.

Er habe sich die wenigen aktuellen Porträts, die es im Netz von Dylan gibt, eingeprägt, erzählte Nel. Nun wolle er sehen, wie sich die Diva beim Konzert bewegt.

Oh, dachte ich. Dylan bewegt sich fast gar nicht. Ob er schon immer am Flügel sitze, wollte Nel wissen. Nein, früher stand er auf der Bühne und spielte Gitarre. Dann, meinte Nel, sei das Klavier wohl sein Altersinstrument.

Ich nickte, und Nel reckte den Hals.

„Siehst du, jetzt steht er auf und hält sich an den Tasten fest.“

Das ist musikalisch schwer vorstellbar, doch als Künstler kann man es so sehen. „Hat das Klavier Räder?“, fragte Nel weiter. „Aha, dann ist es sein Rollator.“