Karsten Jauch über eine ungewöhnliche Stimmabgabe.

In den Niederlanden ist in dieser Woche ein neues Parlament gewählt worden. Coronabedingt wurde die Wahl zeitlich entzerrt und auf drei Tage verteilt. Zudem fand die Stimmabgabe mit viel Abstand statt, folglich an weitläufigen Orten mit viel Luft. So gab es zum Beispiel ein Wahllokal in der Neuen Kirche in Delft, in der sich das Grabmal des niederländischen Nationalhelden Wilhelm von Oranien befindet. In Den Haag wählte hingegen der grüne Spitzenkandidat Jesse Klaver im Kunstmuseum, wo Piet Mondriaans wichtigste Gemälde hängen. Museumsdirektor Benno Tempel hatte vorab erklärt, dass man angesichts der geschlossenen Museen dem Wähler „einen Moment des Trostes und der Hoffnung auf die nahe Zukunft anbieten.“ In Utrecht war die Stimmabgabe in einem Friedhofsgebäude möglich, in Arnheim in einem ehemaligen Gefängnis.

Könnten wir das nicht als Vorbild für unsere Landtagswahl im Herbst nehmen, falls sich die Corona-Lage nicht verbessert? Immerhin bliebe in halbes Jahr Zeit für eine derartige Planung. Im Kulturland Thüringen könnte dann der Wahlschein im Herzoglichen Museum vor Lucas Cranachs weltberühmten Bildern abgegeben werden. Oder in der Fürstengruft in Weimar. Auch die Ruine der Barfüßerkirche in Erfurt wäre mit ihrer Länge von 72 Metern für ein Wahllokal unter freiem Himmel geeignet, zudem ist das Gebäude konfessionell nicht gebunden.

Ein breites Publikum wird man mit einer derartigen Aktion vermutlich nicht ansprechen, wie man an den Niederlanden sieht. Ins Haager Kunstmuseum durfte, so lautete die Regelung, nur hinein, wer auch eine gültige Wahlbenachrichtigung hatte. Selbst die Begleitung musste vor der Tür warten.