Britta Hinkel über Witze in Corona-Zeiten.

Neulich fragt mich meine beste Freundin Pia: „Darf man eigentlich Witze über Corona machen?“

„Ja, klar“, sag ich.

„Findest du das nicht pietätlos? Schließlich sterben täglich Menschen an dem Virus. Es kursieren große Ängste . . .“, sagt Pia.

„Ich weiß. Wir erleben gerade herbe Einschnitte: Firmen gehen pleite, Existenzen sind bedroht, die Wirtschaft steht unter extremem Druck, Begegnungen liegen auf Eis, Vereinsamung droht, im Homeoffice lauert der Lagerkoller, Eltern stoßen täglich an die Grenze ihrer Belastbarkeit und, und, und“, sag ich.

„Und trotzdem darf man Witze über Corona machen?“, sagt Pia.

„Klar! Es gibt auch Witze über Hitler. Man kann über alles Witze machen“, sag ich.

„Find ich nicht gut!“, sagt Pia.

„Warum nicht? Ich glaube, der Witz an sich ist nur ein Instrument. Virtuos eingesetzt, ist es ein Segen. Von Dilettanten benutzt, eher ein Fluch. Ein Witz, der Gefühle nicht verletzt, sondern für ein befreiendes Lachen sorgt, tut nicht nur gut, sondern ist sogar wichtig. Humor kann ungemein hilfreich sein, emotionale Durststrecken zu überstehen, und guter Humor streichelt die Seele“, sag ich.

„Es ist also nicht zynisch, über Corona zu lachen?“, sagt Pia.

„Nein! Zynisch finde ich da eher manch gut gemeinten Rat. Zum Beispiel: Nutzen Sie die Zeit, entschleunigen Sie, und lesen Sie mal wieder ein gutes Buch!“, sag ich.

„Was bitte ist daran zynisch?“, sagt Pia.

„Die Corona-Zeiten zu romantisieren. Das finde ich den meisten Menschen gegenüber ziemlich unsensibel. Wer mit seinen Kindern in einer kleinen Wohnung festhängt, wer Existenzängste schiebt, weil sein Arbeitsplatz wackelt, wer als Risikopatient Panik hat, sich zu infizieren, der dürfte zurzeit keine Muse haben, ein gutes Buch zu lesen. Sich jetzt relaxt zurückzulehnen, das kann sich maximal eine kleine, privilegierte, sorgenfreie Gruppe leisten“, sag ich.

„Also doch Schluss mit lustig?“, sagt Pia.

„Im Gegenteil! Aber für ein gutes Buch braucht es Gelassenheit. Ein guter Witz, der erreicht uns auch im größten Stress“, sag ich.