Elena Rauch über den gefährlichen Advent.

Raten Sie mal, wer die Wirkung eines 500 Kilogramm schweren Geschosses entfalten kann. Genau: Der Weihnachtsbaum, wer sonst. Bei Vollbremsung und wenn man ihn mit der Spitze nach vorn im Auto transportiert. Das ist nur eine der vielen Warnungen, die uns allein vom Tüv in diesen Tagen erreichen. Wir leben in gefährlichen Zeiten. Selbst wenn wir sicher das traute Heim erreichen, lauern die Gefahren. Lieblich blinkende Rentiere und Sternenregen auf der Terrasse drohen mit Kurzschlüssen und Stromschlägen bei unsachgemäßem Anschluss. Kerzenwachs wird zum Brandbeschleuniger, wenn es auf den Adventskranz tropft. Geröstete Pyramidenflügel die zu Fackeln werden, weil sich das Ding wieder einmal nicht dreht. Man weiß gar nicht, wovor man sich mehr fürchten soll.

Der „Kekskollaps“ bestraft den, wer die Kontrolle über Spekulatiusdose und Stollenteller verliert, mahnt der Deutsche Kaffeeverband. Mit einem Stück Stollen hat man sich schon fast ein Viertel der Kalorien einverleibt, die bei einem durchschnittlichen Bürotag verbraucht werden. Da muss man man ziemlich viele Überstunden schieben, um das wieder herunter zu bekommen. Polizei und Tüv verweisen auf die unterschätzte Alkoholgefahr am Glühweinstand. Wenigstens kann man auf dem Erfurter Weihnachtsmarkt dabei nicht umfallen, man wird von der Menge weitergetragen. Der Glühweintrinker scheint sicher zu sein, sofern er kein Waschbär ist.

Doch da haben wir noch gar nicht von den vielen Ehemännern gesprochen, die jährlich im adventlichen Einkaufsgewühl verloren gehen. Wenn sie wieder ins Büro gefunden haben, gefährden sie bei der kollegialen Weihnachstfeier den Ehefrieden. Nach Angaben eines Partnerinstituts hatten 40 Prozent der Deutschen schon einen Seitensprung zu solchen Anlässen. Um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen, kaufen sie der Ehefrau ein teures Geschenk, dass sie sich gar nicht leisten können. Verbraucherschützer warnen vor Überschuldung im Advent. Man fragt sich, wie Millionen Deutsche halbwegs unbeschadet den Advent überstehen. Und wenn sich dann alle Lieben um die Bratgans versammeln, schlägt die Stunde der Familientherapeuten. Da nehme ich doch lieber den Kekskollaps.