Elena Rauch über die Zeitumstellung.

Jeden Morgen spielen sich in deutschen Küchen traurige Szenen ab: Menschen, die im Morgengrauen von ihrem demonstrativ gut gelaunten Mitbewohner zum Denken gezwungen werden. Die sich noch versuchen zu orientieren wo sie sich befinden, und warum, die jetzt kosmische Stille brauchen, aber schon Fragen beantworten sollen.

Der Volksmund nennt diese bedauernswerten Opfer „Morgenmuffel“, vor allem Frauen sind betroffen, ich weiß wovon ich spreche. Britische Forscher machen das Gen Per3 verantwortlich, das bei Morgenmuffeln zu kurz geraten ist.

Und es gibt nur einen einzigen Morgen im Jahr, der Linderung verschafft: Der Morgen nach der Umstellung auf die Winterzeit, also morgen. Ein Geschenk des Himmels, das aber am Montag auf wundersame Weise schon wieder verschwunden ist, weil man sich an das Schöne zu schnell gewöhnt.

Umso länger begleitet uns die Verwirrung, die diese Stunde stiftetet. Bis man sich gemerkt hat, welche Uhr man nachgestellt hat, ist erster Advent. Geht der Herd jetzt nach Sommer,- oder nach Winterzeit? Hat jemand die Uhr im Bad gestellt oder stellt sie sich von allein um, und warum kann Alexa das nicht beantworten? Wem darf man überhaupt noch trauen?

Ich zum Beispiel neige dazu, gar nichts zu machen, die Uhr in meinem Auto könnte verlässlich auf Sommerzeit stehen bleiben, im Winter halt minus eins, die Rechnung schaffe ich gerade noch. Aber das ist ein Risiko, wenn man seinen Mitbewohner mitfahren lässt. Ein Mann auf dem Beifahrersitz ist immer ein Mann auf Mission. Er kann nicht einfach mitfahren. Er muss die Fahrweise optimieren, auf allen Hebeln und Knöpfen drücken, um die Funktionsweise zu kontrollieren, das Handschuhfach auf und zuklappen, den Stand von Wasser, Öl und Benzin checken. Eine fehl gestellte Uhr im Cockpit ist für ihn die reine Provokation. Ein unbeobachteter Moment findet sich immer, um sie umzustellen. Das macht dann das Durcheinander perfekt. Wenn es gerecht zugeht, muss er dann irgendwann eine Stunde auf mich warten.