Elena Rauch über eine rituelle Frage.

Nach der Leichtigkeit des Sommers naht nun die trübgraue Jahreszeit, vor der Therapeuten immer warnen. Die Tage werden kürzer und dunkler, der Mensch geht in sich, macht sich Sorgen. Zu den typischen Begleiterscheinungen gehört die von Frauen immer wieder unerbittlich gestellte Frage: Hast du was? Drei Worte, die jeder Mann fürchtet, weil er aus Erfahrung weiß, dass ihn selbst eine dreifache Verneinung nicht vor weiteren Nachforschungen bewahren wird.

Sehr häufig enden solche Gespräche mit Verstimmung und Sätzen wie: Wenn du noch mal fragst, habe ich wirklich was! Was wiederum jede Frau aus Erfahrung weiß. Trotzdem tut sie es immer wieder, sie kann nicht anders. Das weibliche Helfersyndrom, die Bereitschaft, sich für alles verantwortlich zu fühlen: Die Ursachen sind komplex. Manchmal hat diese Frage auch mit der Angst vor der nächsten männliche Krise zu tun. Die Midlife-Krise, die Renteneintritts-Krise, die Männerschnupfen-Krise, die Selbstbild-Krise: Mit irgendeiner männlichen Krise ist stets zu rechnen, und keine Frau will unvorbereitet von ihr überrollt werden. Ein Mann, der von all dem nichts ahnt, antwortet meist mit einem knappen „Nein“. Das entspricht seinem lösungsorientierten Kommunikationsverhalten, er denkt, damit sei die Frage erschöpfend geklärt.

Für eine Frau dagegen ist eine solche Antwort der klare Beweis, dass er etwas verbergen will. Kein Mann will „einfach nur sitzen“: Vor einigen Jahren wurde dieses Phänomen in einem Dialog künstlerisch umgesetzt, ein schöner Beweis, dass Männer Frauen einfach nicht verstehen wollen. Deshalb der dringende Rat an jeden Mann: Seien Sie kreativ, denken Sie sich notfalls etwas aus. Aber antworten Sie auf diese Frage niemals mit „Nein“. Anderenfalls sind Sie selber schuld.