Elena Rauch muss manchmal untertauchen.

Neulich sahen wir zusammen eine Serie. Wir fanden sie beide gut gemacht, das Problem war eine Szene, die ich herbeifürchtete: eine Frau hinter Gittern, ein Verbrechen, ein Urteil, das vollstreckt werden sollte. Die Frage war nur, in welchem Teil das passieren würde, und ob ich es dann rechtzeitig schaffe, aus Hör-und Sichtweite des Fernsehapparates zu verschwinden. Möglichst unauffällig, ein bisschen sind mir meine schwachen Nerven schon peinlich, aber was soll ich machen.

Dabei kann ich einiges aushalten. Agatha Christies „Mord im Orientexpress“ zu Beispiel kann ich völlig schmerzfrei am Stück ansehen. Aber ich habe im Kino bei einem Tarantino-Film schon gefühlte 30 Minuten im Mantel untergetaucht verbracht, weil der hartgesottene Cineast neben mir meine Frage, ob sie endlich fertig sind, überhörte. Den Must-See-Streifen „The Green Mile“ werde ich niemals sehen, ich kenne den Plot, genug um zu wissen, das ich es nicht wissen will. Es wäre mal interessant auszurechnen, wie viele Stunden in einem Filmjahr unsereiner mit dem Kopf unter den Decke verbringen muss, weil sie etwas gedreht haben, was keine Frau gern sieht. Für wie viele wunderbare Fortsetzungen von „Doktor Schiwago“ würde das reichen!

Männer können das natürlich nicht verstehen. Dem Delinquenten geht es in Wirklichkeit gut, sagt er dann, er hat seinen Kopf noch, so schlimm kann es nicht sein. Es ist nur ein Film. Ach was?!

Eine solche messerscharfe Analyse verdient natürlich höchste Hochachtung. Nur dass er das alles vergisst, sobald in einem Thriller der U-Boot-Kommandanten einen Knopf zu viel an der Uniform hat, in einer Spionageserie Agent XY einmal zu viel „umgedreht“ wird, oder, wovor der Filmgott bewahre, der Stabschef in einem Politdrama die Befehlskette durcheinander bringt. Wenn es richtig schlecht läuft, zückt er sein Tablet und geht umgehend zur Tiefenrecherche über, deren Ergebnisse natürlich zeitsynchron kommuniziert werden. Es ist doch nur ein Film, sage ich dann sanft, guck einfach weg. Aber da habe ich schon längst den Anschluss verloren.

Ich wünsch ein schönes Fernsehwochenende.