Elena Rauch verweist nur auf wissenschaftliche Fakten.

Es ist kalt. Nicht nur draußen, die Heizungsanlage ist ausgefallen. Am Abend zeigte das Thermometer 19 Grad, über Nacht fiel die Temperatur auf erfrischende 15. Was sagt die Hausverwaltung, fragte ich zitternd. Sie schicken jemanden, informierte er. Wann?!, rief ich verzweifelt. Sie arbeiten dran, antwortet er, während er tiefenentspannt in der Zeitung blätterte. Das ist wieder einmal typisch. Was für eine Frau existenzbedrohend ist, bringt einen Mann noch lange nicht aus der Ruhe. Wie tief die Gräben in dieser Frage sind, zeigt sich alljährlich im stillen Kampf an den Thermostaten, um die Deutungshoheit des Wortes „Wohlfühltemperatur“, sobald der Hochsommer vorbei ist.

Ich kann so nicht arbeiten, klagte ich, während ich mein schockgefrorenes Homeoffice schlich. Ein Mann wird diesen Satz als Zeichen weiblicher Schwäche werten. Aber ich versichere, er beruht auf wissenschaftlicher Faktenlage. Deutsche und amerikanische Forscher haben schon vor zwei Jahren mit einem Experiment bestätigt, dass Frauen in kühlen Räumen schlechter denken können. Bei Temperaturen um die 30 Grad laufen sie zur Höchstform auf, Männer brauchen dafür zehn Grad weniger. Kann sein, dass es am evolutionsbiologischen Erbe liegt. Während sich die Herren auf der Jagd im Permafrost abhärten konnten, hüteten wir in überheizten Tropfsteinhöhlen das Feuer. Jemand musste es ja machen. Die Wissenschaftler empfehlen als Konsequenz deutlich höhere Bürotemperaturen.

Ruf noch mal bei der Hausverwaltung an, barmte ich. Zieh‘ einen Pullover mehr an, riet er. Das hilft aber nicht, man muss das ganzheitlich sehen. Schon das Wissen, in einem unterkühlten Raum zu sitzen, genügt, und Gehirn wie angeschlossene Nervenbahnen begeben sich in den Notbetrieb, um Energie zu sparen. Man wird gewissermaßen zur Bärin, die sich in den Winterschlaf begibt. Um einer Frau ihre beruflichen Möglichkeiten zu verbauen, muss man sie nur in ein kaltes Büro setzen.

So etwas kann ein Mann nicht verstehen. Aber wehe, die Internetverbindung wird gekappt, oder der fabelhafte Hometrainer geht kaputt. Ich wette, in unserer Wohnung würden sich seit dem Morgengrauen die Handwerker gegenseitig auf die Füße treten.