Elena Rauch über Männerhemden.

Der Mann, ließ uns ein Konfektionshersteller wissen, kauft jährlich im Durchschnitt fünf Hemden. Die Frage ist, was passiert mit all den Hemden der Vorjahre? Wir wissen es nicht genau. Aber wir wissen, dass ein Teil von ihnen einen geheimnisvollen Weg in die Tiefen des Kleiderschankes nimmt, wo es als sog. Lieblingshemd verwahrt wird. In der Regel sind es Stücke von auffälliger Beschaffenheit: Senfgelb, Pinkfarben oder Schlammbraun. Gern auch jeansfarben, das um den Bauch herum ein wenig Spannung zeigt. Und immer solche, die er einst selbstbestimmt, ohne weiblichen Rat, erworben hat.

Möglich, dass er deshalb so hartnäckig an ihnen hängt. Männer reden ja nicht über ihre Gefühle. So bleibt es ein Geheimnis, welche rätselhaften Regungen ein Mann an sein Lieblingshemd bindet.Welche melancholischen Erinnerungen etwa die Farbe Senfgelb weckt, welche hinterste Seelenkammer sie ausleuchtet.

Eine Frau versteht das natürlich. Nie würde sie sich zwischen ihn und sein Lieblingshemd stellen, solange es niemand sieht. Und genau das ist das Problem. Das Risiko, dass er in einem unbeobachteten Moment das Hemd überstreift und damit zum Bankberater oder ins Theater geht, ist zu groß. Und deshalb kommt es immer wieder zu traurigen Szenen, wenn Männer ihre Lieblingshemden suchen, die von ihren Frauen heimlich entsorgt wurden. Manchmal muss man Männer vor sich selber schützen.