Elena Rauch sucht Erfüllung zu Ostern.

Kürzlich versuchte ich, ein Brot zu backen. Die Zwangsentschleunigung führt zu wesensfremden Verhaltensweisen. Das Ergebnis erinnerte an ein surrealistisches Mahnmal an das unaufgegangene Brot. Etwas fehlte. Hefe?! Die Verkäuferin im Supermarkt machte große Augen. Die Engpässe bei diversen Hygieneartikeln, hat man den Eindruck, scheinen überwunden. Jetzt ist die Hefe weg. Ich habe nachgeschaut. In den sozialen Netzwerken kursieren tatsächlich haufenweise Anleitungen zur Eigenproduktion im heimischen Küchenlabor. Deutschland macht Hefe. In Russland, las ich, ist seit der Corona-Krise der Buchweizen aus den Geschäften verschwunden. Andere Länder, andere Defizite. Buchweizen scheint mir noch nachvollziehbar. Ihm werden dort wahre Wunderkräfte zugeschrieben, Buchweizenbrei in Tuben soll sogar zur Grundversorgung russischer Kosmonauten gehören. Was gegen kosmische Strahlung gut ist, kann auch gegen Corona nicht schaden. Aber Hefe? Kann sein, es geht vielen Frauen wir mir. Sie fragen sich, was sie mit diesem einsamen Osterfest anfangen sollen. In der Krise, schrieb unlängst eine Soziologin, laden sich Gewohnheiten, die man sonst als lästig empfindet, symbolhaft auf. Kein Wohnungsputz, weil schließlich Gäste kommen. Keine verzweifelten Einkäufe im vollen Supermarkt in letzter Minute, man ist ja nur zu zweit.

Keine hastige Ostereier-Färbaktion am späten Samstagabend, wer soll sie suchen? Therapeuten raten jetzt zur inneren Einkehr. Tun, was man sonst nie tut. Alexa, spiel mir den Messias, den ganzen! Den Sonnengruß auf dem Balkon üben, bis die Bandscheibe knirscht. Ein Brot backen. Was kann es Kontemplativeres geben, als einem Hefeteig beim Gehen zuzuschauen?

Aber ohne Hefe geht er nicht. Also doch Eier färben. Man könnte sie vor sich selber verstecken und die Zeit protokollieren, wann man sie wiederfindet. Das wäre ein guter Test, ob man noch krisenfest ist.