Ingo Glase über frisches Obst im Winter.

Vorurteile sind super. So lange sie nicht widerlegt sind. Zum Beispiel jenes, nach dem frisches Obst im Winterhalbjahr eh’ nicht schmeckt. Jedenfalls nicht nach Obst. Dachte ich auch, denn mehrere winterliche Kostproben mit heimischem Obst – geerntet aber in aller Herren Länder – ergab jedenfalls dieses Vorurteil.

Bis ich vor wenigen Tagen Birnen kaufte, weil die Sorte irgendwas mit „sweet“ hieß, also süß, und die Hoffnung ja bekanntlich zuletzt stirbt. Und Tatsache, die Birnen waren tatsächlich wunderbar saftig, genau an der Schwelle zwischen fest und matschig und vor allem zuckersüß. Verrückt, aber es waren die leckersten Birnen, die ich seit Monaten auf dem Teller hatte. Und sie erinnerten mich an die wunderbaren Birnen, die in einem total verwilderten Garten eines ehemaligen Kollegen wuchsen – obschon Jahre her, hatte ich deren Geschmack noch immer auf der Zunge.

Ich mag ja Birnen. Als Obst, als feingeistige Schokonussfüllung und als Likör. Weltweit gibt es 2500 Sorten – und ich hatte zufälligerweise die leckerste erwischt. Zudem sind die Früchte mit der lustigen Form vielfältiger, als man anfangs glaubt. Denn neben Obstsalat, Kompott und Birnenkuchen nehmen sie auch dem Schimmelkäse (etwa mit feinem Schinken auf Pizza oder Flammkuchen) den strengen Geschmack oder dem Rucola-Salat die würzige Schärfe. Es gibt pürierte Lauch-Birnen-Cremesuppe und auch Ravioli mit Birne, Nuss und Rosmarin. Und Blätterteiggebäck mit Birnen und Thymian: Blätterteig in gebutterten Förmchen (etwa einem Muffinblech) auslegen, Birnen würfeln, mit Zitronensaft mischen. Weichkäse (etwa Camembert) würfeln. Eier, Sahne, Schmand, Salz, Pfeffer, Muskat und Thymian verrühren, Käsewürfel unterheben, die Masse auf die Förmchen verteilen, Birnenstücke darauf verteilen und im Ofen etwa 25 Minuten backen.

Man könnte es glatt mal mit anderem Obst probieren, aber das schmeckt ja im Winter nicht.