Frank Quilitzsch antwortet gendergerecht auf Leserfragen.

Selten habe ich auf eine Kolumne so viele Anrufe und Zuschriften bekommen. Ein Leser hat im „Gender-Wörterbuch“ geblättert und fragt, ob das womöglich Satire sei. Dort werde empfohlen, statt Architekt besser geschlechterneutral „Bauwerke entwerfende Person“ zu schreiben. Nein, antworte ich als Germanistik studierend gewesene Personalie, das ist keine Satire, das ist ernst gemeint.

Humorlosigkeit, mit der sprachliche „Auswüchse“ und „Unkorrektheiten“ getilgt werden sollen, gehört zum System. Humor lebt ja von der Redundanz der Worte und von Zwischentönen, resultiert aus Zwei- und Mehrdeutigkeiten, aus der Diskrepanz zwischen gegenwärtigem Sprachgebrauch und als altertümlich empfundenen oder absichtsvoll falsch gebrauchten Wendungen.

Ein Beispiel: „Weib“ soll durch „Frau“ ersetzt werden. Nun, so etwas kann nur fordern, wer den Unterschied nicht (er)kennt. So wie schon der kurzsichtige Nietzsche sagte: „Wenn du zur Frau gehst, vergiss die Peitsche nicht!“ Sicher wird man künftig auch „weiblich“ durch „fraulich“ ersetzen. Vielfrauerei gehört natürlich abgeschafft und Weiber-, Pardon, Frauenlist ist eine eine herrliche, nein, männliche Unterstellung. Darf eine Hündin noch ein „Herrchen“ haben oder diskriminiert das den fraulichen Vierbeiner?

Sprache entwickelt sich mit der Gesellschaft. Bisher war es aber so, dass die Sprachhüter frei nach Luther „dem Volk aufs Maul geschaut“ haben. Jetzt wird dem Volk übers Maul gefahren.

Ich bin für Geschlechtergleichberechtigung bei Beibehaltung gewachsener sprachlicher Unterschiede, auch für einen korrekten Umgang mit Geschichte, aus der man lernen kann. Statt Denkmäler zu stürzen, sollten wir uns kritisch mit ihnen auseinandersetzen. Nicht die Bibel oder Goethes und Thomas Manns Werk heutigem Sprachgebrauch „anzupassen“, kann die Devise sein, sondern Bildung, um diese Schätze zu heben.