Erfurt. Ein Gericht hat die Enteignung von Schloss Reinhardsbrunn durch den Freistaat Thüringen bestätigt. Ministerpräsident Ramelow (Linke) kündigt eine Notsicherung des Gebäudes an.

Christine Lieberknecht klingt erleichtert, dass die Rettung von Schloss Reinhardsbrunn zum Greifen nah ist. Sie freue sich sehr, dass es gelungen sei, einen entscheidenden Schritt bei der Rettung vorangekommen zu sein, sagt die frühere CDU-Ministerpräsidentin dieser Zeitung. Den Weg der Enteignung für den Denkmalschutz zu gehen, sei in Deutschland bisher einzigartig.

Der Staat könne sich, wenn Privat versage, nicht aus der Verantwortung stehlen, erklärt sie. „Eigentum verpflichtet. Der Satz hat nach wie vor Gültigkeit.“ Vor allem dann, wenn historisches Kulturgut, wie die „Wiege Thüringens“, mit Schloss Reinhardsbrunn in Gefahr ist. Sie spricht sich dafür aus, dass Schloss und Park auch künftig ein öffentlicher Ort bleiben.

Als Ministerpräsidentin hatte die CDU-Politikerin im Januar 2013 das vom Zerfall bedrohte Gebäudeensemble samt Park zur Chefsache erklärt und sich für die Rettung der Anlage eingesetzt. Der neogotische Bau entstand 1828 auf den Ruinen eines mittelalterlichen Klosters.

Seit 2011 verfolgt die Staatsanwaltschaft Erfurt den Verdacht der Geldwäsche

Bodo Ramelow (Linke), Oppositionsführer im Landtag, erstattete im August 2013 Anzeige bei der für Wirtschaftskriminalität zuständigen Staatsanwaltschaft in Mühlhausen. „Unabhängig von einem möglichen Verdacht auf Geldwäsche oder dem Verdacht einer Rückführung von möglichem Schwarzgeld, bleibt der Verdacht der Insolvenzverschleppung“, heißt es in der Anzeige.

Bereits seit 2011 verfolgt die Staatsanwaltschaft Erfurt den Verdacht der Geldwäsche, lässt den Vorwurf Jahre später aber wieder fallen. Der Grundbucheintrag der Immobilie war damals bereits mit rund zehn Millionen Euro belastet. Geldbeträge, die weit über dem liegen, was bei einer früheren Veräußerung den Besitzer gewechselt haben soll.

Ein Wirtschaftskrimi entwickelte sich parallel zum Verfall des Schlosses. Seinen Ausgang nahm das Geschehen beim Unvermögen der Treuhandanstalt, die DDR-Interhotelkette zu privatisieren. Ein zu DDR-Zeiten auch bei westlichen Reisenden beliebtes Hotel wechselte nach der Wende mehrfach die Besitzer. Übrig geblieben ist eine teils entkernte Ruine.

Mehrere Versuche, Notsicherungen am Schloss einzuleiten

Ab 2013 gab es mehrere Versuche von staatlicher und kommunaler Seite, Notsicherungen am Schloss einzuleiten. Diese konnte den rapiden Verfall aber nicht stoppen. Hinzu kommen Diebstähle wie beispielsweise die der beiden Bronzeglocken oder der Turmuhr.

Christine Lieberknecht lässt damals prüfen, ob der Denkmalschutz eine Enteignung des Schlosses rechtfertigen würde. Ein Gutachten bestätigt diesen Weg. Rot-Rot-Grün setzt die Enteignung im Sommer 2018 in Gang.

Anfang November vergangenen Jahres verwirft das Oberlandesgericht in Jena die Berufung zweier Kläger gegen eine Zustimmung des Landgerichts Meiningen zur Enteignung. Der Inhaber einer Grundschuld und ein Hypothekengläubiger scheiterten damit erfolglos beim Versuch, den Enteignungsbeschluss des Landesverwaltungsamtes juristisch anzufechten. Sie haben viel zu verlieren. Eine Enteignung bedeutet für Kläger auch das Löschen ihrer Grundpfandrechte.

Weg für den Übergang des Schlosses in Thüringer Besitz sollte frei sein

Mit der zweiten Gerichtsentscheidung am Mittwoch - diesmal scheitert ein Kläger beim Anfechten der Ausführungsanordnung zur Enteignung - dürfte der Weg für den Übergang des Schlosses in den Thüringer Besitz frei sein, auch wenn es noch eine vierwöchige Berufungsfrist gibt. Die rot-rot-grüne Landesregierung muss nun beweisen, dass sie der bessere Schlossherr ist. Denn auch andere frühere Adelssitze hoffen auf viel Geld, um gerettet zu werden.

Die „Wiege Thüringens“ meint weniger das Schloss samt Parkanlage nahe der Stadt Friedrichroda (Kreis Gotha). Nicht der neugotische Bau steht für die Historie, vielmehr das mittelalterliche Kloster, auf dessen Grundmauern das Schloss 1828 errichtet wurde. Diese Gemäuer sollen vom Kloster der Thüringer Landgrafen stammen. Zudem jährt sich dieses Jahr zum 800. Mal die Vermählung von Elisabeth von Thüringen mit Ludwig IV. in der Eisenacher Georgenkirche. Nur wenige Jahre später soll der Ehemann, der als Heilige Elisabeth bekannt gewordenen Thüringer Landgräfin, 1227 im heutigen Park hinter dem Schloss beigesetzt worden sein.