Weimar/Erfurt. In sozialen Medien wird dazu aufgerufen, dass Menschen ihre bereits erworbenen Karten nicht zurückgeben und den Ticketpreis spenden.

Die Lage ist dramatisch. Veranstalter von Festivals stehen wegen Corona kurz vor dem Aus, wie andere Kulturschaffende auch. Daher wurde von Künstlern und Veranstaltern die Aktion „Ticket behalten“ initiiert. In sozialen Medien wird dazu aufgerufen, dass Menschen ihre bereits erworbenen Karten nicht zurückgeben und den Ticketpreis spenden, damit es im kommenden Jahr noch eine breite Kulturlandschaft gibt.

Veranstalter des Weimarer Spiegelzelts hofft auf Unterstützung

Einer der Veranstalter, der bereits um eine Ticketspende gebeten hat (unsere Zeitung berichtete), ist Martin Kranz, der seit 16 Jahren das Köstritzer Spiegelzelt ohne jegliche Fördermittel organisiert. Das diesjährige Festival fällt ersatzlos aus. „Die Arbeit von über einem Jahr ist damit hinfällig geworden“, sagt Kranz. Er berichtet, dass 68 Prozent der Tickets bereits verkauft seien. „Wenn alle ihre Karten zurückgeben, dann wird es kein Spiegelzelt mehr geben“, sagt der Veranstalter. Denn es seien im Vorfeld schon Kosten von 200.000 Euro entstanden. Da er über das Jahr nur eine Mitarbeiterin fest angestellt habe, falle die Corona-Soforthilfe von Bund und Land dementsprechend niedrig aus. „Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Kranz. „Leider ist es so, dass derzeit viele ihre Tickets zurückgeben wollen.“

Dennoch hoffe er auf die Unterstützung seitens der Spiegelzelt-Freunde. Die Aktion „Ticket behalten“ unterstütze er voll und ganz. Das Problem betreffe ja die gesamte Branche. Semmel Concerts, einer der größten Konzertveranstalter in der Region, wollte sich auf Anfrage zur aktuellen Lage nicht äußern.

Thüringer Ticketshop brechendie Einnahmen weg

Robert Kienel, Leiter des Ticketshop Thüringen, berichtet davon, dass viele Menschen ihre Karten jetzt zurückgeben wollten. Der Ticketshop mit Hauptsitz in Erfurt verkauft für Veranstalter Karten und erhält dafür eine Vorverkaufsgebühr. Kunden, die Tickets zurückgeben wollen, tun das auf dem Postweg. „Die Rückabwicklung verursacht einen enormen Aufwand“, sagt Kienel. Keineswegs sei es so, dass alle Karten stornofähig seien. Manche Veranstaltungen werden verschoben und die Tickets behalten ihre Gültigkeit. Das entscheide der Veranstalter. Dem Ticketshop als reinem Dienstleister entgehen durch die Rückgaben Einnahmen. „Zusätzlich dazu haben wir noch den Aufwand der Rückabwicklung zu tragen“, erklärt Kienel.

Gesetzentwurf zu Gutschein-Regelung soll Abhilfe schaffen

Der Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV) schlägt daher vor, dass es Veranstaltern möglich sein solle, statt Erstattung des Kaufpreises Gutscheine für zukünftige Veranstaltungen auszustellen. Zu diesem Vorschlag soll dem Bundestag ein Gesetzentwurf von Union und SPD vorgelegt werden. Das Kabinett hat dazu eine Regelung beschlossen, wonach Veranstalter und Betreiber von Freizeiteinrichtungen ihren Kunden Gutscheine ausstellen können für Leistungen, die wegen der Corona-Pandemie nicht nutzen können. Das soll Insolvenzen verhindern helfen. Die Gutscheine sollen bis Ende 2021 befristet sein und für alle Tickets gelten, die vor dem 8. März gekauft wurden. Hat der Kunde seinen Gutschein bis Ende 2021 nicht eingelöst, muss der Veranstalter ihm den Wert erstatten. Geplant sind auch Härtefallklauseln für alle Kunden, für die ein Gutschein wegen ihrer „persönlichen Lebensumstände“ nicht zumutbar ist.

Veranstalter Kranz: „Diese Maßnahmen reichen nicht“

Ob das ausreichen würde, bezweifelt Veranstalter Martin Kranz. „Mir sind doch schon jetzt Kosten entstanden, die durch die bereits verkauften Karten gedeckt sind.“ Wenn ich Gutscheine ausstelle, dann verschiebt sich das Problem nur ins nächste Jahr.“ Denn schließlich müsse er auch 2021 mit Werbung und Vorbereitungen in Vorleistung gehen. „Daher sind wir auf das Wohlwollen der Spiegelzelt-Besucher angewiesen, die mit ihrer Ticketspende das Festival erhalten können.“

www.ticketbehalten.de; www.ticketshop-thueringen.de