Jena. Jena legt ein experimentierfreudiges, junges und frisches Programm aus Projekten und Veranstaltungen zum Bauhaus-Jubiläum vor.

Natürlich wäre es eine Übertreibung, die Reihe des Weimarer, Dessauer oder Berliner Bauhauses mit Jena fortzuführen. Dennoch ist die Bedeutung der ostthüringischen Stadt in diesem Kontext nicht ganz unerheblich. „Jenas Rolle ist die des Geldbeschaffers, des Mäzens und Investors, mitunter des Industrialisierers, des Serienproduzenten“, erklärt Jonas Zipf, Werkdienstleiter JenaKultur. Schließlich steht in Jena mit dem Haus Auerbach ein Stück Architekturgeschichte. Es ist das weltweit erste Wohnhaus, das nach dem „Baukasten“-Prinzip von Walter Gropius 1924 realisiert wurde, und gilt als eines der wichtigsten Zeugnisse des Neuen Bauens in Deutschland. Weiterhin waren es Jenaer Ingenieure und Firmen, die die ersten seriellen Designprodukte des Bauhauses in Glas und Stahl produzierten.

Kurzum, in Jena wurde ebenfalls Bauhaus-Geschichte geschrieben, wenngleich davon nur wenig touristisch erlebbar und öffentlich sichtbar ist. Denn die verbliebenen Immobilien, wie die Villen Auerbach und Zuckerkandl, die späteren universitären Funktionalbauten Abbeanum und Neufert-Mensa oder der legendäre Theaterbau sind in Nutzung und somit nicht zugänglich, oder existieren gar überhaupt nicht mehr. Die Wagenfeld-Teekanne und die „Leuchten der Moderne“ wiederum sind zu erfolgreichen Serienprodukten geworden, wie deren ursprünglicher Herstellungsort – Jena – vergessen ließen.

Experimentierfreudiges, junges und frisches Programm

Deshalb nimmt Jena auch im Jubiläumsjahr eine andere Rolle als die Bauhaus-Städte Weimar, Dessau und Berlin ein und legt ein experimentierfreudiges, junges und frisches Programm aus Projekten und Veranstaltungen vor.

Vorstellung des Programms
Vorstellung des Programms "Bauhaus in Jena" mit dem Direktor der Städtische Museen Jena, Dr. Ulf Häder (von links), Sebastian Linz, ausbau.sechs., künstlerischer Leiter des Projektes Bauhaus Talking, Birgit Liebold von Jenakultur und Jonas Zipf, Werkleiter JenaKultur.  Foto: Ulrike Kern © zgt

Am 2. Mai fällt der Startschuss für das erste internationale Schnell-Architektur-Festival „72 Hour Urban Action“ im Plattenbauviertel Jena-Lobeda. 120 Teilnehmer aus Jena und der ganzen Welt entwickeln innerhalb von drei Tagen und drei Nächten an zehn ausgewählten Orten direkt nutzbare Architektur. Begleitet wird das Festival von einem umfangreichen Rahmenprogramm mit Konzerten, Ausstellungen und Workshops.

Bereits ab 1. Mai steht die inszenierte Stadtteilerkundung „Ich sehe was“, ebenfalls durch Jena-Lobeda, zur Auswahl – in der Regie und nach der Recherche von Anke Heelemann und Markus Fennert. Anhand von biografischen Spuren ergibt sich eine Annäherung an den Ort und an die Menschen. Zehn Termine sind bis Ende Juni dafür vorgesehen.

Ab 11. Mai kann „Bauhaus Talking“ gebucht werden

Eine etwas andere Führung durch Jena in Form eines Audiowalks hat sich die freie Münchner Gruppe „ausbau.sechs“ überlegt: Mit Kopfhörer und Tablet erkunden auf fünf Kilometern Neugierige die Stadt, hören, was die Bauhaus-Gebäude über sich selbst sagen würden, könnten sie sprechen. Start ist an der Jenaer Tourist-Information. Dann geht es individuell für circa zwei Stunden an Orte, die existieren, aber nicht betreten werden dürfen, und an Orte, wo etwas verschwunden ist, wie der Zuschauerraum des einstigen Stadttheaters, von Gropius konzipiert und bis 1947 erhalten. Ab 11. Mai kann „Bauhaus Talking“ gebucht werden.

Darüber hinaus gibt es noch eine Ausstellung zu Architekturfotografie vom 17. Mai bis 28. Juli im Alten Straßenbahndepot, ein „Bauhausfeiertfest“ am 4. Mai mit Vorträgen, Führungen und abendlicher Party und natürlich Musik. Noam Vazana aus Israel kommt im Rahmen der Jazzmeile Thüringen am 3. Mai nach Jena. Am 24. Mai folgt, ebenfalls aus Israel, Michal Shapira und Tamir Leibovich in der Villa Rosenthal.

Zwei große Ausstellungen in den Städtischen Museen

Auch in den Städtischen Museen in Jena wird in zwei großen Ausstellungen Bauhaus gezeigt, wie deren Direktor, Ulf Häder, ankündigte. Zum einen plant die Kunstsammlung Jena, nochmals auf eine bemerkenswerte Ausstellung im Jahr 1924 vom Jenaer Kunstverein zu schauen. Der Berliner Galerist Herwart Walden pflegte seinerzeit engen Kontakt zum Kunstverein und brachte vor 95 Jahren mit der Ausstellung „Der Sturm – Gesamtschau“ namhafte Vertreter der modernsten Kunstströmungen wie Archipenko, Chagall, Delaunay, Fischer, Klee, Kokoschka, Molzahn und Schwitters nach Jena.

Vom 31. August bis 17. November plant der Kurator Erik Stephan mit seiner Ausstellung „Das stärkste, was Morgen heute bietet – der Sturm in Jena“, abermals die großen Originalwerke von damals – ein Querschnitt durch die klassische Moderne – nach Jena zu holen.

Im Stadtmuseum widmet sich die Ausstellung „Leuchten der Moderne. Jenaer Beleuchtungsglas in der Bauhauszeit“ einem bisher wenig gewürdigten Kapitel. Denn die Jenaer Firmen Schott und Zeiss arbeiteten in den 1920ern intensiv mit Bauhauskünstlern zusammen und waren weltweit führend auf dem Gebiet des Leuchtendesigns, bis in die 30er- und 40er-Jahre hinein sogar weltmarktbeherrschend. Sowohl für den Hausgebrauch als auch in der Industrie waren die Leuchten und gläserne Lampenschirme aus Jena bahnbrechend“, so Ulf Häder. In der wissenschaftlichen Betrachtung wurde allerdings die Bedeutung des Jenaer Beleuchtungsglases bislang nicht ausreichend erkannt. Mit der neuen Ausstellung soll diese Lücke nun geschlossen werden.

Das gesamte Programm ist unter www.bauhaus-jena.de einsehbar.