Erfurt. Seit 34 Jahren widmen sich sechs Rocker aus Erlangen dem Irish Folk. Im April präsentieren Fiddler’s Green auf Tour ihr neues Album in Erfurt.

Fiddler’s Green stehen seit mehr als 30 Jahren für Irish Speedfolk in all seinen Formen. Auf ihrem neuen Album „The Green Machine“ zeigen die Franken, dass ihnen die Inspiration noch lange nicht ausgeht. Die gleichnamige Tour macht am Samstag, 13. April, in Erfurt im HsD Halt. Im Interview haben wir mit Gründungsmitglied, Bandleader und Bassist Rainer Schulz über das Album, unsägliche Versionen irischer Klassiker und das Konzert in Erfurt gesprochen.

Wie ist es dazu gekommen, dass sich sechs Franken dem Irish Folk widmen?

Das war 1990 durch Zufall. Es gab einen Bandwettbewerb bei uns in der Stadt. Jeder von uns hat in verschiedensten Gruppierungen daran teilgenommen – aus Spaß. Eines dieser Projekte war Fiddler‘s Green. Damals gab es die Pogues. Das hat uns fasziniert. Wir wollten einen einzigen Auftritt machen. Inzwischen sind über 2000 daraus geworden.

Woher kommt auch nach mehr als 30 Jahren noch die Inspiration für neue Songs?

Das fragen wir uns manchmal auch. Es gibt Inspirationen von anderen Bands, von traditionellen Stücken und persönlichen Erfahrungen. Auf wundersame Art und Weise ergeben sich daraus neue Songs. Dieses Mal hat es ein bisschen gedauert. Das lag nicht an uns, sondern an den äußeren Umständen der vergangenen drei Jahre.

Ist die Arbeit dadurch anders abgelaufen als normalerweise?

Auf alle Fälle. Manchmal muss etwas fertig werden. Dann hat man vielleicht noch nicht das Gefühl, dass man am Ziel ist, und muss trotzdem schon den Deckel drauf machen. Dieses Mal konnten wir gucken, ob uns später noch etwas einfällt. Muße und Zeit tun gut.

Während der Arbeit am neuen Album haben Sie auch Ihr Jubiläumsalbum „Three Cheers for Thirty Years“ veröffentlicht. Darauf beschäftigen Sie sich mit traditionellen Titeln. Wie kam es dazu?

Wir haben alles abgearbeitet, was wir in den vergangenen 30 Jahre nicht machen wollten – Songs, die uns viel zu durchgenudelt erschienen. Von „The Wild Rover“ gibt es mit „An der Nordseeküste“ eine unsägliche deutsche Version. Das Lied haben wir gemieden wie der Teufel das Weihwasser. Aber es hat dann doch Spaß gemacht. Unsere Fans haben immer nach Versionen traditioneller Stücke gefragt. Die haben wir jetzt alle gemacht. Jetzt dürfen wir wieder eigene Songs machen.

„The Green Machine“, Fiddler‘s Green, Deaf Shepherd Recordings/Indigo, 12 Tracks, Audio-CD, 16,99 Euro.
„The Green Machine“, Fiddler‘s Green, Deaf Shepherd Recordings/Indigo, 12 Tracks, Audio-CD, 16,99 Euro. © Fiddler's Green

Ihr aktuelles Album „The Green Machine“ ist sehr abwechslungsreich. Es sind Einflüsse von Rock, Country, Polka und sogar Pop zu hören. Ist das natürlich passiert oder spielen Sie mit den Erwartungen der Hörer?

Das spielt alles mit rein. Wir sind sehr breit aufgestellt, was die persönlichen Geschmäcker angeht. Das wollen wir einfließen lassen. Es ist ein Element von Fiddler’s Green, alle möglichen Stilrichtungen mit einzubinden. Früher waren mal ein Reggea oder ein paar Ska-Nummern mit dabei. Jetzt in das Poppigere zu gehen, war ein spannender Versuch. Ich bin gespannt, wie diese Nummer live ankommt.

In Ihren Songs geht es öfter feucht-fröhlich zu, aber bei „I Don‘t like Alkohol“ und „Hangover“ klingt auch ein bisschen Kritik an. Sind Alkoholsucht und Nüchternheit Themen, die Sie umtreiben?

Ja, natürlich. In dem Genre ist das Suff-Thema immer ganz weit vorne. Die Musik wird immer damit verbunden. Da ist klar, dass man sich auch mit den negativen Seiten auseinandersetzt und dass man das nicht nur so abfeiern kann.

Wie handhaben Sie das auf Tour?

Unterschiedlich. Ein Teil trinkt nichts, ein Teil lässt es auch mal krachen. Wir werden nicht jünger. Das Übertreiben hat irgendwann mal ein Ende. In den Anfangsjahren war es schon ein recht chaotischer Haufen, aber das hat sich gebessert.

In „I Need A Volunteer“ steckt eine Gesellschaftskritik, versteckt inmitten einer Zirkusmanege. Wie ist die Idee dazu entstanden?

Den Text hat unser Sänger Albi (Ralf Albers; Anmerkung der Redaktion) geschrieben. Er hat sich damit befasst, um nicht nur banal-triviale Texte zu schreiben, sondern etwas, das Hand und Fuß hat, teilweise skurril ist und ein bisschen mehr Tiefgang hat. Der Text ist auch passend zur Musik, die das Ganze in diesen Zirkusbereich bringt.

„Ready for the Ball“ ist an eine Geschichte von Edgar Allan Poe angelehnt. Schreiben Sie öfter mit Literatur als Grundlage?

Das kommt seit den Anfängen der Band immer wieder vor; speziell Edgar Allan Poe. Wir sind alle durchaus belesen. Albi und ein anderer Bandgründer haben damals Germanistik studiert. So ist man recht nah an der Thematik dran.

Am 13. April spielen Sie in Erfurt. Worauf können sich die Fans freuen?

Auf eine richtig große Party und auf Spaß mit uns an einem Abend, bei dem man unschöne Dinge vergessen kann, die sonst passieren oder in Thüringen vielleicht dieses Jahr noch passieren werden.

Welche schönen Dinge verbinden Sie mit Thüringen?

Wir waren schon oft in Thüringen. Wir sind einmal im Jahr in Jena – das ist unser Klassiker. Früher waren wir oft in Bad Salzungen. Thüringen ist seit 25 Jahren immer ein fester Bestandteil unserer Touren und wir freuen uns jedes Mal. Es ist ein bisschen schade, dass wir nicht zur Weihnachtszeit da sind. Ich finde, der Erfurter Weihnachtsmarkt ist der schönste in Deutschland.

Homogenes Werk mit zahlreichen Einflüssen

Die Pandemie hat „The Green Machine“ gutgetan. Drei Jahre lang konnten die sechs Rocker von Fiddler’s Green mit Produzent Jörg Umbreit in den Principal Studios bei Münster an der Platte tüfteln. Damit hatten sie im Vergleich zu den normalen Albumzirkeln doppelt so viel Zeit. Herausgekommen ist ein homogenes Werk, das offenkundig mit seinen Einflüssen spielt.

Das Seemannslied „Shanghaied in Portsmouth“ kommt direkt als gelungener Eröffnungstrack daher und setzt die Segel auf Vollgas. Dem steht das Schwelllied „The Bog“, inspiriert vom irischen „The Rattlin‘ Bog“, in nichts nach. Schon die Aufnahme hinterlässt den Eindruck, dass der Titel live Spaß machen wird. Mit „The Fairy of the West“ bedient man sich beim finnischen „Levan Pollka“ und überrascht die Hörer experimentierfreudig mit einem waschechten Pop-Chorus.

Die Mitte des Albums kommt mit Texten wie „I don’t like alkohol, but alkohol does like me“ und der Pflichtballade „A Fleecy Cloud“ etwas flach daher. Das ist aber spätestens beim Poe-inspirierten „Ready for the Ball“ und der Zirkusshow in „I need a Volonteer“ vergessen. Mit „Muirsheen Durkin“ und „The Parting Glass“ überlassen die Fiddler’s den emotionalen Abschluss des Albums zwei traditionellen Stücken.