Gera. Am Theater Altenburg Gera wird die im eigenen Haus geschaffene Operette „Redoute in Reuß“ uraufgeführt

Dass vor aller Augen pausenlos jemand auf den Arm genommen wird, dürfte unstrittig sein. Die Frage ist: Wer bekommt mehr ab bei „Redoute in Reuß“, der jüngsten Produktion des Theaters Altenburg Gera – die berühmt-berüchtigten ostthüringer Edlen oder das Fach Operette? Die einen werden als kaum noch zu rettendes Sammelsurium von Käuzen (mit sichtlichem Hang zum Debilen) gezeigt. Im andern Fall wird keine Gelegenheit versäumt, Richtung Persiflage zu steuern.

Ohne Zweifel steckt in dem am Freitag im Großen Haus in Gera mit umwerfendem Erfolg uraufgeführten Stück, in dem es um die Existenzängste der Reußen in der Welt nach Napoleon geht, eine Menge Arbeit und Geschick. Sophie Jira (Libretto), am Haus Dramaturgin für Musiktheater, ersann nicht allein eine amüsante Geschichte um eine opulente Ballnacht, mit der hoch gehandelte Gäste aus Wien günstig gestimmt werden sollen – vieles davon musste auch noch auf Melodien von Johann Strauß zu singen sein. Schauspielkapellmeister Olav Kröger zog dafür 27 Würfe des Walzerkönigs zurate, die stimmig einzurichten und öfter stilgerecht zu ergänzen waren.

Von Solisten über Kinder- und Jugendchor bis zum Philharmonischen Orchester

Dazu gab es ein einfallsreiches, in Teilen poetisch anmutendes Bühnenbild und herkömmlichen Operettenglanz aufleben lassende Kostüme (Martin Fischer, Andrea Eisensee). Und fast das gesamte Team war – von Kay Kuntze (Regie) temporeich geführt – zu erleben: ein gutes Dutzend Solisten, der zupackend agierende Opernchor, der Kinder- und Jugendchor, der überdrehte Greizer Sängerknaben hinstellte, eine Nachwuchsabteilung des Thüringer Staatsballetts, die frischen Samba-Wind ins Geschehen brachte. Hinzu kamen das furios loslegende Philharmonische Orchester und Kapellmeister Thomas Wicklein als beschlagener musikalischer Leiter.

Dass der Abend einen ziemlich kritischen Blick zurückwarf, das Lächerliche der Kleinstaaterei ins Zentrum rückte, führte dazu, dass es recht laut und hektisch zuging. Die Darsteller mussten, um als Motoren der Handlung wahrgenommen zu werden, so viel wie möglich des Guten tun. Die auftretenden acht Reußen-Heinriche waren dem Namen nach schwer auseinanderzuhalten; der jeweils unterschiedliche Grad an Vertrottelung und Narrentum dagegen wurde akkurat verkörpert und bis zum Schluss beibehalten, als Schloss Osterstein die ersehnte Botschaft erreicht, dass über Europas Zukunft im reußenfreundlichen Wien verhandelt wird.

Da haben dann auch zwei Paare zusammengefunden: die Reußenprinzessin Adelheid (Julia Gromball) und der nicht mehr ganz taufrische Wiener Graf Ferdinand von Herzmansthal (Johannes Beck) sowie dessen Nichte Gabriele (Anne Preuß) und Balduin Graf Zedlau (Alexander Voigt), der Oberste Sekretär des reußischen Außenministers. Das Quartett, mit dankbaren musikalischen Aufgaben bedacht, bestand die Prüfung bravourös. Anne Preuß (Sopran) wie Alexander Voigt (Tenor) boten starke lyrische Partien und drangen in den Ensembles mühelos durch. Sopranistin Julia Gromball punktete mit sicheren Höhen und Johannes Beck (Bariton) klang rund und – als gebürtiger Österreicher – echt wienerisch.

Die nächsten Aufführungen: 23. Februar, 19.30 Uhr; 25. Februar, 14.30 Uhr.