Jena. Jenas Generalmusikdirektor Simon Gaudenz über Gustav Mahlers „Sinfonie der Tausend“

Die Jenaer Philharmonie feiert 90. Geburtstag, und unter Leitung ihres Generalmusikdirektors Simon Gaudenz wagen die Musikerinnen und Musiker Außerordentliches: Im Verein mit der Robert-Schumann-Philharmonie, Chemnitz, musizieren sie am 8. März in der Sparkassen-Arena Jena die wuchtige „Sinfonie der Tausend“, die Achte von Gustav Mahler. Dazu werden der Philharmonische Chor Jena, der Madrigalkreis Jena und der Jenaer Knabenchor stimmgewaltig vereint und verstärkt durch Chöre aus Chemnitz, Würzburg und Lviv (Ukraine). Zwischen den Proben sprachen wir mit Gaudenz über dieses gigantische Projekt.

Als „Geburtstagsständchen“ ist Mahlers Achte recht üppig dimensioniert. Hatten Sie es je mit einem solchen Riesen-Ensemble zu tun?

Immerhin rund 250 Mitwirkende hatte ich schon gemeinsam auf der Bühne. Hier sind es allerdings fast doppelt so viele. Einzigartig.

Seit 2018 arbeitet Simon Gaudenz als Generalmusikdirektor in Jena und beschert der Philharmonie eine fulminante Entwicklung.
Seit 2018 arbeitet Simon Gaudenz als Generalmusikdirektor in Jena und beschert der Philharmonie eine fulminante Entwicklung. © Jenakultur | LUCIA HUNZIKER

Worin bestehen die künstlerischen Herausforderungen?

Alle – Bühne und Publikum – so in den Bann dieses phänomenalen Werks zu ziehen, dass im Raum im selben Moment dasselbe Empfinden entsteht, halte ich zugleich für das Ziel und die größte Herausforderung. Dies zu erreichen, bedingt eine genaue Vorstellung der großen Linien und Bögen, und die Mitwirkenden müssen sie ebenso erfassen können wie der Dirigent.

Das Werk sprengt den sinfonischen Rahmen. Welche Strukturen entdecken Sie darin?

Je tiefer man dringt, desto folgerichtiger und zwingender erscheint die Musik. Querbezüge, Leitmotive, Erinnerungen, Vorwegnahmen sorgen dafür, dass diese im ersten Augenblick heterogen erscheinende Musik durch einen starken inneren Kern geprägt ist, der sie auch über diese riesenhaften Dimensionen zusammenhält.

Gibt es „Lieblingsstellen“?

Eindeutig, und das wird jedem im Publikum so gehen: Wenn die Musik fast am Ende ganz zur Ruhe kommt und sich quasi aus dem Nichts der Choral „Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis” erhebt, der in die grandiose Schlusssteigerung mündet, kann einem nur das Herz schmelzen.

Inwiefern ist diese „Botschaft der Liebe in liebloser Zeit“, wie Mahler sie nannte, heute noch aktuell?

Den Grundgedanken des Gemeinsamen empfinde ich heute als besonders faszinierend, das Gefühl, einem verbindenden Augenblick beiwohnen zu dürfen. Um es angemessen pathetisch auszudrücken: Das ist der Moment, aus dem Geborgenheit, Frieden und Liebe entstehen können.

Machen Sie für den CD-Zyklus einen Live-Mitschnitt?

Ja, wobei der Mitschnitt der beiden dem Jenaer Konzert vorausgehenden Aufführungen in Chemnitz angesichts der gigantischen Besetzung und Tausenden von Details eine geradezu sportliche Herausforderung darstellt.

Behalten Sie den Wetterbericht im Auge?

Eher die Streikprognosen der Deutschen Bahn.

Aufführungen am 6. /7. März in Chemnitz und 8. März, 20 Uhr, in der Sparkassen-Arena Jena. www.jenaer-philharmonie.de