Weimar. Johann-Sebastian-Bach-Ensemble führt Monteverdis Marienvesper in Weimar auf. Das wird gleichsam zum Vorspiel für Kunstfest und Nationaltheater.

Dieses Konzert verspricht ein seltenes beziehungsweise einmaliges Klangerlebnis. Selten, weil die mehr als 400 Jahre alte Marienvesper von Claudio Monteverdi nicht so häufig erklingt. Einmalig, weil „jede Aufführung komplett anders“ ist, wie Johannes Kleinjung betont. Sie verlangt nach einer, in diesem Fall seiner künstlerischen Entscheidung.

Der Weimarer Kantor studiert das Werk mit dem Johann-Sebastian-Bach-Ensemble ein; der semi-professionelle Chor wählte ihn 2018 zu seinem neuen Chef (wir berichteten). Und, nach Anlaufschwierigkeiten, sei dort nun jeder begeistert von der vokalen Wucht in den Chorstücken. „Das geht ganz tief und unmittelbar ins Herz rein“, so Kleinjung, „manchmal vielleicht viel unmittelbarer als die Musik von Bach, die oft weniger urwüchsig ist.“

Nur selten singt der Chor darin vierstimmig, dafür oft sechs-, sieben-, oder gar achtstimmig. Es gibt auch einen insgesamt zehnstimmigen Doppelchor, begleitet von einem jeweils fünfstimmigen Bläser- und auch Streicherchor. Womit wir bei den Entscheidungen wären: Es gibt in der Marienvesper so gut wie keine eigenen Instrumentalstimmen; die Instrumente sind Chorstimmen zugeordnet. „Wo man sie hinzunimmt oder weglässt, ist der künstlerischen Freiheit überlassen“, so Kleinjung.

Er leitet auch das Ensemble Hofmusik. Und dieses hat „das komplette historische Instrumentarium“ dabei, selbst die Viola da brazzo, eine frühbarocke Bratsche. „Alles andere wäre bei Monteverdi eine Katastrophe!“ Kleinjung zielt, wie so oft, ab auf „eine Aufführung, die möglichst nah an die Klangkultur dieser Zeit heranwill.“ Womit er das 17. Jahrhundert generell meint, dem sich das Ensemble Hofmusik widmet: orientiert am Noteninventarium der Weimarer Hofkapelle von 1662, das in der Anna-Amalia-Bibliothek liegt.

Die Marienvesper ist typisch dafür, wohin Kleinjung mit dem Bach-Ensemble hin will: zur Kammerchor-Literatur. Gleichwohl sei sie dem Chor noch fremd; man wachse da aneinander. Sie steht musikhistorisch aber zugleich für die Erfindung des Sologesangs mit „vollkommen revolutionären“ technischen Anforderungen.

Und als Revolutionär darf Monteverdi ohnehin gelten: als ein Erfinder der Oper, wofür „L‘Orfeo“ von 1607 steht. Die Ouvertüre taucht in der drei Jahre später entstandenen Marienvesper erneut auf.

Und insofern dürfen Kleinjung und das Bach-Ensemble beanspruchen, gleichsam ein Vorspiel für das zu liefern, was Kunstfest und Nationaltheater in Weimar derzeit so planen: Die Kompanie Novoflot beginnt im August eine auf drei Jahre angelegte Rückbesinnung auf Monteverdi und die Ursprünge der Oper, mit „Orfeo“-Motiven. Und im nächsten April führt das Theater Monteverdis „Heimkehr des Odysseus“ im E-Werk neu auf.

Seine Vesper ist derweil zwar der Marien-Anbetung verpflichtet. Final hält sie, im Magnificat, aber auch den Lobgesang der Maria bereit, in Erwartung ihres Sohnes: „ein starker Bezug, mit dem wir als Protestanten gut leben können“, so Kleinjung.

Freitag, 31. Mai, 19.30 Uhr, Herderkirche Weimar. Karten: Tel. 03643/745 745 oder Abendkasse.