Gotha/Jena. Seit fast 100 Jahren ist das Buch ein Osterklassiker. Die Autoren lebten viele Jahre in Thüringen.

„Die Häschenschule“ gehört zu den erfolgreichsten deutschen Bilderbüchern überhaupt. 1924 erstmals veröffentlicht, wurde das Kinderbuch bis heute fast 2,5 Millionen Mal verkauft. Ihre Schöpfer – der Autor Albert Sixtus (1892-1960) und der Illustrator Fritz Koch-Gotha (1877-1956) – haben wichtige Jahre ihres Lebens in Thüringen verbracht: Koch-Gotha verlebte seine Kindheit in Gotha und Umgebung, Sixtus seinen Lebensabend in Jena. „Die Häschenschule“ blieb für beide das bekannteste Werk.

Für Albert Sixtus war die Hasengeschichte der erste Versuch als Autor, geschrieben in einer Nacht, wie sein Großneffe Ulrich Knebel sagt. Er betreibt das private Sixtus-Archiv im sächsischen Kottmar. Schon als Kind hatte Sixtus große Freude am Reimen und Zeichnen. Ein verschollenes Bilderbuch über Heinzelmännchen, dessen Verse in seiner Familie immer wieder rezitiert wurden, entwickelte sich für ihn zum Sehnsuchtsobjekt. Als Schuljunge beginnt er deshalb, eigene Heinzelmännchen-Geschichten zu gestalten. Als er eines Tages vom Lehrer erwischt wird, lässt Sixtus seine Leidenschaft für zwanzig Jahre ruhen. Es ist jedoch nicht der Zorn des Lehrers, der bescheinigt ihm sogar Talent, es ist der Spott der Mitschüler, der zu diesem Bruch führt. Erst als junger Vater entdeckt Sixtus die alte Passion wieder.

Seine Häschenschul-Verse sendet Sixtus 1922 an den Leipziger Alfred Hahn’s Verlag. Dort stoßen sie auf Interesse. Als Illustrator beauftragt man Fritz Koch-Gotha, den damals wohl beliebtesten Zeichner und Karikaturisten Deutschlands. Zwei Jahre später erscheint das Buch und avanciert zum Überraschungshit. Dazu tragen vor allem auch Koch-Gothas Bilder bei, die mit gängigen Schulstereotypen brechen. Der Lehrer etwa steht bei ihm schon mal im zerschlissenen Mantel lässig vor der Klasse.

Viele Köche, aber nur ein Koch-Gotha

Heute wirken die dargestellten Erziehungsideale freilich überholt. Das hat an der Popularität des Buches aber nichts geändert. Laut Esslinger Verlag schafft es „Die Häschenschule“ jedes Jahr zu Ostern aufs Neue auf die Spiegel-Bestsellerliste. Für das Gespann Sixtus/Koch-Gotha blieb es allerdings die einzige Zusammenarbeit.

Koch-Gotha, der im Dörfchen Eberstädt bei Gotha geboren wurde, sollte auf Wunsch des Vaters eigentlich eine Militärlaufbahn einschlagen. Seit einem Turnunfall leidet er jedoch unter Schwerhörigkeit und wird ausgemustert. In Berlin entwickelt er sich relativ schnell zu einem gefragten Zeichner. Den Namenszusatz Gotha gibt er sich, um sich von den übrigen Künstlern gleichen Namens zu unterscheiden. Sein Motto: „Es gibt viele Köche, aber nur einen Koch-Gotha!“

Albert Sixtus stammt ursprünglich aus Sachsen. Obwohl er als Kinder- und Jugend-Autor in den 20er- und 30er-Jahren äußerst erfolgreich ist, bleibt er seinem Lehrerberuf treu. Allerdings wird es für ihn mit dem Aufkommen der Nationalsozialisten immer schwieriger, ideologiefrei zu publizieren. „Ende 1938 entzog er sich den Glauchauer Spitzeln durch den Wegzug nach Jena, wo sein Sohn Wolfgang, der inzwischen seine Staatsprüfung als Lehrer bestanden hatte, ein Studium der Philologie begann“, schreibt Großneffe Knebel auf der Internetseite albert-sixtus.de. Das Schicksal meint es jedoch nicht gut mit Sixtus; sein Sohn fällt an der Ostfront.

Nach dem Krieg nimmt er seine schriftstellerische Tätigkeit zwar wieder auf, doch eine Granatsplitter-Verletzung aus dem Ersten Weltkrieg macht ihm zunehmend Probleme. Am 24. Februar 1960 stirbt der Autor in Jena. Seine „Häschenschule“ aber lebt weiter und wurde 2017 sogar fürs Kino neu verfilmt.

Albert Sixtus/Fritz Koch-Gotha: Die Häschenschule. Esslinger Verlag, 40 Seiten, 9,99 Euro