Weimar. Schauspielerin Monika Lennartz über ihre Dreharbeiten zum Defa-Film “Lotte in Weimar“ vor vierzig Jahren am Frauenplan und in Babelsberg.

Im Sommer und Herbst 1974 wurde in der Klassikerstadt der Defa-Film "Lotte in Weimar" unter der Regie von Egon Günther nach dem Roman von Thomas Mann gedreht. Die Titelrolle spielte damals der Weltstar Lilli Palmer. Lottes Tochter Charlotte wurde von Monika Lennartz dargestellt, die damals schon eine bekannte Bühnendarstellerin in Berlin war und in Thüringen aufwuchs.

Wie hat für Sie ganz persönlich das Abenteuer "Lotte in Weimar" begonnen?

Klaus Manchen hat im Frühjahr 1973 das polnische Zweipersonenstück "Appetit auf Frühkirschen" von Agnieszka Osiecka im Maxim Gorki Theater Berlin mit Hilmar Baumann und mir inszeniert. Ich bin mit Jutta Hoffmann befreundet und die hatte sich in der Regie ein "bisschen" eingemischt. Da sie ebenfalls mit Egon Günther befreundet war, kam der dann natürlich zur Premiere.

Den Hilmar hat er daraufhin im Lotte-Film als August von Goethe und mich als Lottes Tochter Charlotte besetzt.

Ohne Probeaufnahmen?

Vom Fleck weg. Ansonsten sind die Defa, deren Probeaufnahmen und ich ein ganz spezielles Thema für sich.

Haben sich eigentlich damals die Schauspieler darum gerissen, in diesem Film mitspielen zu dürfen?

Ich war ja mehr im Theater verankert und wusste gar nicht, dass die "Lotte" verfilmt werden sollte. Aber später habe ich dann erfahren, dass Lotte (!) Loebinger die Rolle gern gespielt hätte und Mathilde Danegger auch.

Wie haben Sie denn Ihre "Mutter" Lilli Palmer kennengelernt?

Ich habe damals ein Gastspiel im Goethe-Theater Bad Lauchstädt gespielt und ihr einen Stich von dort in die Garderobe legen lassen. Dafür hat sie sich artig bedankt. Wie alle West-Kollegen hat sie mich als erstes gefragt, ob ich vielleicht mit Elisabeth Lennartz verwandt wäre. Die war in den Dreißigerjahren eine berühmte Theaterschauspielerin und die Ehefrau von Gustav Knuth.

Waren Sie als Waltershäuserin oft mit Schulausflügen im Goethehaus am Frauenplan?

Einmal.

Wie gefiel Ihnen dann der Nachbau im Babelsberger Studio?

Da fehlte mir die Erinnerung, um vergleichen zu können. Aber wir haben ja die Szene, in der sich die ganze aufgeregte Tischgesellschaft vor dem Esszimmer versammelt, im Entree des Hauses am Frauenplan gedreht. Dann bittet uns der Diener, gespielt von Dieter Mann, herein und weiter geht's im Babelsberger Studio.

Haben Sie persönlich lange in Weimar gedreht?

Mein letzter Drehtag war dort. Ansonsten ging es immer hin und her. Erst bei der Vorführung des Films, in dem ja einige Szenen in der Anna-Amalia-Bibliothek spielen, habe ich festgestellt, dass ich damals nie dort gewesen war. Erst nach dem Brand war ich vor zwei Jahren endlich dort. Wunderbar.

Welche Erinnerung haben Sie sonst an Lilli Palmer?

Für sie wurde in Babelsberg extra eine Garderobe mit einem Schminkzimmer und einem Bad erweitert. Dort hielt sie sich dann auf und wir haben sie eigentlich nur beim Drehen gesehen. Es war doch ein sehr distanziertes Verhältnis.

Sie war auch sehr damit beschäftigt, uns Kollegen einzuordnen. Da waren ja auch Laien dabei und welche, die Bühnenstars in der DDR waren. Da war sie ein wenig verwirrt, wer in welche Kategorie gehörte.

Der "Rest" kannte sich aber bestens...

Natürlich. Wir hatten in der kleinen DDR ja irgendwie auf der Bühne oder beim Film schon alle mal miteinander gespielt. Martin Hellberg war sogar mein Schauspielprofessor.

Haben Sie mit der Palmer geprobt?

Ein wenig. Egon Günther hat ja oft improvisiert. Er ließ auch gerne vorneweg oder hinterher die Kamera unbemerkt mitlaufen, weil er immer so Dinge von den Spielern einfangen wollte, die diese nicht so beachteten.

Aber mit Schauspielern wie Jutta Hoffmann oder Rolf Ludwig arbeitete er ja häufiger zusammen und hatte eine enge persönliche sowie künstlerische Beziehung zu ihnen. Die mussten nicht viel proben. Zu diesem Kreis gehörte ich aber nicht.

Durchwehte die Arbeiten ein Hauch von Klassik?

Ganz im Gegenteil. Martin Hellberg hat den Dichterfürsten vom Podest heruntergespielt und all die Typen, die da zu Goethes Hofstaat gehören, waren doch alle sehr heutig.

Man sagt, Martin Hellberg hätte sich schon im Film wie Goethe selbst gefühlt?

Das weiß ich nicht. Aber er verwandelte sich doch sehr durch die braunen Haftschalen, die er als Goethe tragen musste. Später hat er wohl sein Kostüm mitbekommen und ist in diesem bei Goethe-Lesungen in Weimar und Umgebung aufgetreten.

Wie bewerten Sie den Film heute?

Ein wunderbarer Film. Ich habe ihn kürzlich bei der Defa-Woche in Merseburg auf der Leinwand wieder erlebt. Fabelhaft. Damals nach der Premiere wurde das allerdings noch nicht überall so gesehen. Auch der Star zeigte sich enttäuscht. "Das ist ja kein Lilli-Palmer-Film", stellte sie völlig zu Recht fest. Es ist eben auch ein wunderbarer Ensemble-Film.

Hat eigentlich die Thüringer Theaterlandschaft Ihren Berufswunsch geweckt?

Meine ganze Schulzeit war ich im Eisenacher Theater. Wir hatten sogar ein Schul-Abo. Vorher hat das Gothaer Theater bei uns in der Stadt gastiert und ich bin dort mit Leidenschaft zum Ballett-Unterricht gegangen. Da fing meine Liebe zum Theater an. Leider wurde das Gothaer Ensemble dann aufgelöst. Als Schauspielerin wäre ich selig über ein Engagement in Eisenach gewesen. Ich hätte gar nicht mehr woanders hingewollt.

Wer war denn nun eigentlich der Klassenbeste in dem Lotte-Film?

Ganz schwer zu sagen. Die Palmer hat keinen Hehl daraus gemacht, dass sie Rolf Ludwig oder Jutta Hoffmann sehr bewunderte und hat das auch laut bekundet. Da war sie doch schon sehr großzügig.