Bleicherode. Zur 11. Nordthüringer Kulturnacht wartet die Kalistadt am Samstagabend mit Kultur an fünf Orten auf.

Einfach ist das für die fünf Musiker von "Last Time" nicht: Da spielen sie so leidenschaftlich Chris Rea's "Road to hell", aber der Kulturhaus-Saal ist leer. Nicht, dass dieses Konzert niemanden interessieren würde - nein, das Publikum lässt einfach noch ein wenig auf sich warten.

Denn die Konkurrenz ist groß an diesem Samstagabend bei der Nordthüringer Kulturnacht. Zur gleichen Zeit geben drei Künstler des Nordhäuser Theaters in St. Marien das Stück "Veronika, der Korn ist da", und die Kirchenbänke sind auch in der letzten Reihe noch voll besetzt.

In dem Gotteshaus freilich fehlt der Tresen der Nordhäuser Traditionsbrennerei , für die das Stück eigens geschrieben wurde. Ein kleiner runder Tisch muss also als Requisite genügen vorm Altar. Aber auch hier kommt die Revue mit Ohrwürmern der 1920er bis 1950er an, das Publikum ist wunderbar amüsiert.

Draußen vor der Kirche verkaufen Mitglieder der Kirchengemeinde Wein und frisch gebackene Waffeln zugunsten der laufenden Sanierung von St. Marien. Ähnlich bringt sich der Förderverein der Alten Kanzlei ein: Im Hof des Fachwerkensembles wird gegrillt, drinnen gibt's deftige Snacks. So kühl der Frühlingsabend ist, diese Kulturnacht lockt vor allem die Bleicheröder selbst in ihre Stadt.

Zur Eröffnung bieten die aufgestellten Biertischgarnituren im Kanzleihof längst nicht allen Platz. Verständlich, haben sich doch Musiker des Loh-Orchesters angesagt. Die Acht spielen Marsch und Polka und auch das "Steigerlied". Der Klang ist weniger voluminös als man es vom heimischen Bergmannsblasorchester kennt, dafür aber lässt die Virtuosität der Musiker staunen. Klar, dass die Bleicheröder da nicht auf ihren Plätzen sitzen bleiben.

Die Nordthüringer Kulturnacht gibt es in der nunmehr 11. Auflage. Bleicherode, Nordhausen, Sondershausen und Bad Frankenhausen stemmen diese inzwischen nicht mehr gemeinsam, sondern abwechselnd. Für Samstag hatte der Heimat- und Fremdenverkehrsverband Bleicherode die Organisation in der Hand, Bürgermeister Frank Rostek (CDU) ist voll des Lobes. Er ist froh über die gute Resonanz - wohl wissend, dass Sondershausen mit seinem Residenzfest zeitgleich eine starke Konkurrenz ist.

In der Alten Kanzlei werden gleich zwei Ausstellungen am Samstagabend eröffnet: Die eine rückt mittels großformatiger Fotos Skulpturen des expressionistischen Bildhauers Ernst Barlach in den Fokus, die andere den 2009 verstorbenen Bleicheröder Künstler Jochen Berg. Vor allem dank dessen Freundes Manfred Machlitt sind zahlreiche Bilder und Zeichnungen Bergs zu sehen, ebenso originale Rezensionen zu dessen Bühnenstücken aus "Welt", "Süddeutscher" oder "Basler Zeitung". Berg hatte sich weit über die Kreisgrenzen hinaus einen Ruf erarbeitet. Die Schau ist bis 25. Juni zu sehen. Die Barlach-Skulpturen-Fotos werden bis 16. Juni gezeigt.

"So viel los ist nicht in jeder Kleinstadt", sagt die Gymnasiastin Mathilda Göppel stolz. Am späten Abend will sie mit ihren Freundinnen noch zum "Emma"-Konzert in Streubels Mühle. Davor freilich könnten die Drei auch noch in Kino gehen, wo eine Doku zur Toten-Hosen-Tour gezeigt wird. Man hat die Qual der Wahl an diesem Abend.