Frank Quilitzsch wechselt probehalber seinen Mund-Nasen-Schutz

Wer bin ich? Diese Frage beschäftigt mich zwar schon mein Leben lang, doch mit der vor drei Tagen in Kraft getretenen öffentlichen Maskierungspflicht treibt sie mich in den Wahnsinn. Was geschieht, wenn ich den Großteil meines Gesichts verberge? Erkennt man mich noch? Werde ich nicht mit jedem Maskenwechsel ein anderer?

Also, wer bin ich heute?

Ich habe die Wahl zwischen Zorro, dem Rächer der Armen, und Hannibal Lecter, dem Kannibalen mit dem martialischen Maulkorb. Oder fahre ich vielleicht doch lieber als Don Juan, der umschwärmteste Liebhaber der Welt, zum Supermarkt? Nein, der Herzensbrecher scheidet aus virologischen Gründen aus. Seine Maske sitzt zu hoch und lässt den Mund frei – ein Hotspot in Corona-Zeiten!

Auch der berühmte Zorro maskiert nur die Partien um die zornigen Augen. Meine Maske muss wie bei Spider-Man Mund und Nase bedecken, sonst komme ich nicht in die Kaufhalle.

Ich versuche es mit dem Klassiker, der grün-weißen OP-Maske.

Der maskierte Wächter winkt mich ohne Wimpernzucken durch. Doch schon in der Obstabteilung merke ich, dass ich gar nicht auffalle, weil der größte Teil der Kunden dieselbe Verkleidung gewählt hat. Das wäre, denke ich, jetzt die beste Vermummung für einen Überfall an der Supermarktkasse: Hände hoch – oder ich huste!

Maskenträger, heißt es, seien stark, sexy und gefürchtet, aber man will ja auch noch handlungsfähig bleiben. Als behelmter Darth Vader mit der eisernen Lunge würde ich bestenfalls bis zu den Plastikschwertern im Faschingsregal kommen, als gelederter Hannibal vor der Fleisch- und Wurst-Theke verenden. Eine Clownsmaske wäre nicht sehr kinderfreundlich und verbietet sich spätestens seit Stephen Kings „Es“.

Käme noch das Phantom der Oper in Frage. Seine Seelenlage passt wohl am besten zur Pandemie. Ich könnte mich als Liebeskranker nachts im Supermarkt einschließen lassen und laut über die Sprechanlage singen. Schaurig, aber schön.

Zum Glück geht auch das irgendwann vorbei. Der Tag wird kommen, an dem wir wieder unser wahres Gesicht zeigen müssen.