Erfurt. Das siebte Album der Beatles fristete lange ein Schattendasein. Am Freitag erscheint „Revolver“ mit einem neuen Klangbild – auch dank Peter Jackson, Regisseur von „Herr der Ringe“. Wir durften vorab in den neuen Stereo-Mix reinhören.

Es gibt für viele Dinge ein letztes Mal. Als das Beatles-Album „Revolver“ im Juli 1966 erscheint, ist es das letzte Album, für das John Lennon Songs schrieb, ohne Yoko Ono getroffen zu haben. Die Beiden lernten sich im November desselben Jahres kennen – zwei Jahre später werden sie ein Paar.

„Revolver“ ist auch das letzte Album, dass die Beatles mit ihrer Pilzkopffrisur zeigt, zumindest auf der Rückseite. Die Vorderseite des Covers – gestaltet vom deutschen Künstler Klaus Voormann, ein Band-Intimus aus Hamburger Tagen – weist schon in die Zukunft: Die Haare der teils gezeichneten Fab Four sind länger, individueller, fransen aus. Ein Sinnbild, wenn man so will, für die musikalische Entwicklung der Band.

Und noch ein letztes Mal: Im August 1966 gibt die Band im Candlestick Park von San Francisco ihr letztes Konzert. Die Beatles wollen dem Tourstress und den kreischenden Fans entgehen. Es würde ohnehin schwierig werden, ihre künftigen ausufernden Studioproduktionen live aufzuführen.

Einsatz einer Sitar in einem Pop-Song

Auf dem Vorgängeralbum „Rubber Soul“ finden sich bereits erste Versuche, den Rock’n‘Roll in Richtung Avantgarde und Psychedelic zu durchbrechen: das Chanson „Michelle“, das Kammermusikstück „In my Life“ oder „Norwegian Wood“, mit dem vermeintlich ersten Einsatz einer Sitar in einem Pop-Song. Eine Entwicklung, die im Mai 1967 mit dem Konzeptalbum „Sgt. Peppers lonely Hearts Club Band“ ihren ersten Höhepunkt findet.

Das Cover des Albums „Revolver“ von The Beatles.
Das Cover des Albums „Revolver“ von The Beatles. © Universal Music

„Revolver“ ist das Bindeglied zwischen diesen Alben, steht aber immer etwas im Schatten des übermächtigen „Sgt. Pepper“. Doch es ist der eigentliche Meilenstein, der Evolutionssprung in der Vita der Band. Hier brechen die Beatles deutlich kompromiss- und furchtloser als vorher aus dem Beat-Schema aus, probieren neue Sounds und Songstrukturen.

Die Band versucht nicht mehr, den Live-Sound ins Studio zu übertragen, sondern schafft neue Klangwelten. Bezeichnend ist, dass „Tomorrow never knows“ mit seinen Loops und Breakbeats das erste Stück der Sessions ist. Bis dato war man nie weiter weg vom üblichen Pop-Song-Muster.

The Beatles: Fünf bahnbrechende Songs des „Revolver“-Albums

Modeketten produzieren T-Shirts mit dem „Revolver“-Cover

Mit dem Nischenstatus des Albums könnte es nun vorbei sein. Und das liegt nicht daran, dass Modeketten seit Jahren T-Shirts mit dem „Revolver“-Cover an die Nachgeborenen verkaufen. Unter der Ägide von Giles Martin, Sohn des Beatles-Produzenten George Martin, wurde das siebte Album der Beatles klanglich bearbeitet. Der Ansatz, sich so neue Hörer zu erschließen, ist nicht unrealistisch.

Denn eine neue De-Mixing-Technologie – entwickelt während der Arbeiten an „Get Back“, dem Beatles-Filmprojekt von Herr-der-Ringe-Regisseur Peter Jackson – ermöglichte Martin erstmals die zusammen aufgenommenen Instrumente und Stimmen von den originalen Vierspurbändern zu trennen.

Die Super-Deluxe-Edition des Albums „Revolver“ mit fünf CDs und einem Buch.
Die Super-Deluxe-Edition des Albums „Revolver“ mit fünf CDs und einem Buch. © Universal Music

Der darauf aufbauende neue Stereo-Mix ist von beeindruckender Intensität: Im Refrain von „Yellow Submarine“ etwa, meint man alle vier Beatles einzeln herauszuhören. Der unerbittliche und stolpernde Bass- und Schlagzeugrhythmus von „Taxman“ klang nie druckvoller, die Bläsersektion von „Got to get you into my Live“ zerschneidet quasi die Luft vor den Lautsprechern.

Archivbänder nach Session-Outtakes abgehört

Martin und sein Team haben vieles hörbar gemacht, was bisher im Klangbild unterging, und die Archivbänder nach Session-Outtakes abgehört. Diese sind Teil der erweiterten Editionen, denn neben den einfachen Versionen (CD, LP oder Picture-Disc) mit dem neuen Stereo-Mix gibt es „Revolver“ auch als Deluxe-Varianten.

Die große Box mit einem hundertseitigen Buch und teils unbekannten Fotos hat fünf CDs oder vier LPs, sie beinhaltet die Platte als Stereo- und Mono-Mix, 31 Session-Outtakes und Demos sowie einer EP mit den Nicht-Albumtracks „Paperback Writer“ und „Rain“ (Stereo- und Mono-Mixe).

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Vorwort von Paul McCartney

Doch auch die Version als Doppel-CD bietet auf der Bonus-Disc immerhin 15 Tracks von den Aufnahmesessions, inklusive 40-Seiten-Booklet mit einem Vorwort von Paul McCartney. Eine Blu-Ray mit einem Dolby-Atmos-Mix des Albums ist nicht Bestandteil der Box, wie es noch bei den vorherigen Projekten zu „Sgt. Pepper“, dem sogenannten „White Album“, zu „Abbey Road“ oder „Let it be“ üblich war. Diese Abmischung gibt es einzig über die digitalen Kanäle.

Giles Martin beantwortet die Frage, warum man Musik immer wieder bearbeitet, gern mit dem Stand der Technik. „Musik wird nicht alt, aber wir werden es“, schreibt er im Booklet. Und warum sollte man Musik nicht so frisch klingen lassen, wie sie damals im Studio gehört wurde, wenn man es kann?

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