Berlin. So schnell, wie er begonnen hatte, war der Wagner-Aufstand wieder vorbei. Bei “Anne Will” wurden die Folgen für die Ukraine diskutiert.

Der seit Langem schwelende Machtkampf zwischen dem Chef der Wagner-Truppe Jewgeni Prigoschin und der russischen Militärführung ist am Freitag eskaliert. Söldner der Truppe marschierten mit dem Ziel nach Russland ein, Teile der Führung in Moskau zu stürzen. Doch am Samstagabend dann die überraschende Wende: Prigoschin beordert die Söldner zurück – etwa 200 Kilometer vor der Hauptstadt. Im Gegenzug dazu soll es laut dem Kreml keine strafrechtliche Verfolgung von Prigoschin und seinen Söldnern geben.

Wo sich der Chef der Wagner-Truppe aufhält, ist weiterhin unklar. Der Kreml hatte mitgeteilt, Prigoschin dürfe nach Belarus ausreisen. Bei "Anne Will" wurde einen Tag nach dem Putschversuch über dessen Folgen für die Ukraine diskutiert.

„Anne Will“ – Das waren die Gäste:

  • Lars Klingbeil (SPD): Parteivorsitzender
  • Roderich Kiesewetter (CDU): MdB, Außenpolitiker, Oberst a. D.
  • Sabine Adler: Osteuropaexpertin beim Deutschlandradio, ehem. Korrespondentin in Moskau
  • Carlo Masala: Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr München
  • Ina Ruck: Auslands-Korrespondentin der ARD in Moskau
  • Vassili Golod: Ukraine-Korrespondent der ARD

Der Putsch-Versuch “ist der Anfang vom Ende”, sagte die Osteuropaexpertin beim “Deutschlandradio” Sabine Adler. Der Aufstand habe gezeigt, dass sich jemand aufschwingen und man Wladimir Putin etwas diktieren könne. “Wir haben es mit unglaublichen Machtkämpfen hinter den Kulissen zu tun”, so die Journalistin. Sie hält Putin für “nachhaltig geschwächt”. Die Zukunft Russlands sei eine “mehr als ungewisse”.

Carlo Masala, Professor für Internationale Politik, stellte klar: Putin sei von einer Privatarmee in “die Ecke gedrängt worden”. “Es ist ein Schlag ins Gesicht”. Der SPD-Parteivorsitzende Lars Klingbeil sah im Aufstand einen "Wendepunkt – auch im Ukraine-Krieg”. “Das war eine massive Demütigung für Putin,” sagte er. “Es besteht die Hoffnung, dass Putin maßgeblich geschwächt wird.”

Putschversuch in Russland: Ein gutes Zeichen für die Ukraine

“Die Machtkämpfe um die Nachfolge Putins haben begonnen”, so der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter. Er sieht im Machtkampf “den Anfang vom Ende”. Die Ereignisse hätten gezeigt, dass Putin auf Druck handle.

SPD-Chef Lars Kligbeil (Mitte) und CDU-Politiker Roderich Kiesewetter (rechts) bei
SPD-Chef Lars Kligbeil (Mitte) und CDU-Politiker Roderich Kiesewetter (rechts) bei "Anne Will". © NDR/Wolfgang Borrs

“Wir müssen die Schwäche Putins jetzt nutzen”, appellierte er mit Blick auf die Unterstützung der Ukraine. Der Krieg könne jetzt zugunsten der Ukraine entschieden werden. “Wir müssen die Ukraine so stärken, dass Russland weiter geschwächt wird.”. “Je mehr Chaos in Moskau herrscht, desto besser ist es für die Ukraine”, stimmte Masala zu.

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Journalistin bei "Will” in der ARD: “Prigoschin hat den Unmut der Bevölkerung ausgesprochen”

Die Menschen in der Ukraine seien enttäuscht davon gewesen, dass der Putschversuch so schnell geendet habe, so der ARD-Korrespondent in Kyiv Vassili Golod. Doch die Menschen im Land würden sich trotzdem weiterhin hauptsächlich auf sich selbst konzentrieren. “Putin kennt nur die Sprache der Stärke”, sagt er.

Sabine Adler glaubt, dass für Putin die “Möglichkeit noch weiter zu mobilisieren” deutlich schwerer werden wird. Denn: “Prigoschin habe den Unmut der Bevölkerung ausgesprochen”. Und Kiesewetter sah in ethnischen Minderheiten, die sich von Moskau lösen wollten und Dörfern, die inzwischen ohne arbeitsfähige Männer seien, “noch mehr Zündstoff für die russische Gesellschaft, je länger der Krieg dauert”.

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