Berlin. Bei Markus Lanz sind sich Grüne und CDU uneins bei der Flüchtlingspolitik. Doch an einem Punkt weisen sie den Moderator zurecht.

Es war eine Sendung mit vielen tiefen Seufzern. Doch das war eigentlich schon bei der Ankündigung von Markus Lanz vorhersehbar. Der Moderator wollte gerne reden. Und zwar über ein Thema, „dass die deutsche Gesellschaft nicht nur beschäftigt, sondern spaltet und stresst wie wenige andere“: die Migration. Eine Einleitung, die nicht besser auf die zuweilen regelrecht aufgeladene Stimmung im Studio hätte passen können.

„Markus Lanz“ – Das waren die Gäste:

  • Serap Güler (CDU-Politikerin)
  • Robin Alexander (Journalist)
  • Sarah Pagung (Politologin)
  • Aminata Touré (Politikerin)

Ein Thema, das immer aktuell ist und doch ist es an diesem Mittwochabend aktueller den je. Am Donnerstag tagen die EU‑Innenminister, um über ein gemeinsames europäisches Asylsystem zu verhandeln. Ob es zu einer Einigung kommt, ist noch ungewiss. Kern der Reformvorschläge sind Maßnahmen, die zu einem deutlichen Rückgang des Zustroms von Menschen ohne Anrecht auf Schutz führen sollen, um Länder an den europäischen Außengrenzen wie zum Beispiel Griechenland zu entlasten.

Wer aus einem Staat einreist, der als relativ sicher gilt, könnte künftig nach dem Grenzübertritt in eine streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtung kommen. Dort soll innerhalb von wenigen Wochen überprüft werden, ob er oder sie Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, werden die Menschen umgehend zurückgeschickt. Dies gelte allerdings nur für Asylsuchende, die aus einem Land mit niedriger Anerkennungsquote wie zum Bangladesch an die europäische Außengrenze kämen, betonte der stellvertretende „Welt“-Chefredakteur Robin Alexander.

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Markus Lanz: Grünen-Politikerin Touré befürchtet „Inhaftierung in Massenlagern“

Es sei ein gutes Papier, das die Europäische Kommission vorgelegt habe, befand die CDU-Verteidigungspolitikerin und frühere NRW-Flüchtlingsstaatssekretärin Serap Güler. Ein Standpunkt, den Aminata Touré, schleswig-holsteinische Sozialministerin von den Grünen, nicht teilt: „Ich finde es absolut richtig, dass es eine europäische Lösung gibt“, betonte sie im Studio. Allerdings glaube sie, dass der aktuelle Vorschlag vielmehr zu einer Verschärfung der Situation an den europäischen Außengrenzen führen könnte, wenn es dadurch zu regelrechten „Inhaftierung in Massenlagern“ käme. „Der Anspruch, Schutz zu suchen, steigt und wir fragen uns, ob wir ihn begrenzen wollen.“

Das sei gar nicht der Punkt, warf Güler (nicht zum letzten Mal an diesem Abend) ein: „Es geht nicht darum, Schutz zu begrenzen. Jeder Mensch, der schutzbedürftig ist, kann kommen.“ Bei der Reform gehe es darum, illegale Migration zu begrenzen. Touré sprach sich währenddessen für ein humaneres Einwanderungsrecht mit einer verpflichtenden Verteilungsquote aus, „damit die Menschen nicht in überfüllten Lagern an EU-Außengrenze festsitzen“. Die Menschen würden so oder so kommen, deshalb müsse man sich anschauen, wie sie an der europäischen Außengrenzen behandelt werden. Genau das solle der neue Entwurf ja regulieren, warf Alexander leicht genervt ein. „Natürlich ist es das Ziel, Leute zu demotivieren, zu kommen. Das Demotivieren von Leuten, die keinen Anspruch auf Asyl haben, schützt das System für die Leute, die einen Anspruch haben.“

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"Markus Lanz": CDU-Politikerin weist den Moterator zurecht

Für Markus Lanz lag das Problem der Migration wiederum nicht so sehr an den Außengrenzen Europas, sondern in den deutschen Kommunen. Doch als er mit besorgtem Unterton ins Feld führte, dass der Migrationsanteil in 54 Grundschulen in Nordrhein-Westfalen mittlerweile schon bei über 90 Prozent liege, konterte Serap Güler. „Herr Lanz, ich bringe da jetzt mal ein bisschen Schärfe rein. Ich würde sagen: Hauptsache, das Kind ist in der Schule.“ Immerhin sei es vielen Kindern durch den Mangel an Schul- und Kitaplätzen aktuell überhaupt nicht möglich, eine Schule zu besuchen.

Der Mangel an Fachkräften sei eine große Herausforderung, stimmte ihr Touré zu. Ihr Lösungsvorschlag, die aktuelle Situation zu nutzen und Migranten stärker in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren, stieß bei Moderator Lanz allerdings auf Unverständnis. „Das ist naiv“, warf er Touré an den Kopf. „Wollen Sie jetzt einen jungen Afghanen, der in dieses Land gekommen ist und womöglich der Sprache gar nicht mächtig ist, als Kita-Erzieher einsetzen?“

Eine Übertreibung, die Touré sofort klarstellte. „Wir haben Menschen hier in Deutschland, die asylsuchend sind und denen wir es erleichtern sollten, auch über Arbeit einen Aufenthaltstitel zu erhalten.“ Natürlich würden sie eine Ausbildung, bevor sie in bestimmten Einrichtungen eingesetzt werden könnten. Das sei doch selbstverständlich.