Suhl/München. Mehrere rechtsextreme Netzwerke haben Drohschreiben an Moscheen und Parteizentralen verschickt und mit Anschlägen gedroht. Daraufhin ist ein Objekt in Suhl durchsucht worden.

Bei einer länderübergreifenden Durchsuchungsmaßnahme der bayrischen Polizei ist in Thüringen auch ein Objekt in Suhl durchsucht worden. Die Razzien in vier Bundesländern - neben Thüringen gab es auch Maßnahmen in den Bundesländern Bayern, Sachsen und Baden-Württemberg - gehen auf ein Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft München, der Bayrischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) und des Landeskriminalamtes Bayern zurück, dass sich gegen die Urheber von insgesamt 23 Drohschreiben richtet. Die seien im Juli 2019 bei verschiedenen Institutionen eingegangen - sowohl Ankerzentren in Bayern als auch islamische Zentren, Moscheen, Parteizentralen sowie Presse- und Medienagenturen seien betroffen gewesen, heißt es vom Landeskriminalamt. In den Drohschreiben soll mit Sprengstoffanschlägen gedroht worden sein. Auf Anfrage erklärte ein Sprecher, dass keines dieser Drohschreiben in Thüringen eingegangen sei.

Gleichwohl hat man ein Objekt im südthüringischen Suhl durchsucht. Hier wurde auch eine Person angetroffen und, wie weitere fünf Personen, vorläufig festgenommen. Eine siebte Person hat die Polizei bisher nicht angetroffen. Alle sechs vorläufig festgenommen Personen wurden nach Abschluss der Vernehmungen wieder frei gelassen. „Haftbefehle ergingen nicht“, sagte ein LKA-Sprecher.

Die Drohschreiben haben, das steht für die Ermittler nahezu fest, eine rechtsextremen Hintergrund. Denn sie wurden mit „Volksfront“, „Blood & Honour“ und „Combat 18“ unterzeichnet.

Das neonazistische Netzwerk „Blood & Honour“ - die Vernetzung rechtsextremer Bands und die Verbreitung nationalsozialistischer Ideologie stehen im Fokus - ist in Deutschland seit 19 Jahren verboten. Seinen Ursprung nahm es in den 1980er-Jahren in Großbritannien. Ein Schreiben soll mit den Worten „Trotz Verbot sind wir nicht tot“ unterzeichnet worden sein.

Als „Volksfront“ gilt eine rechtsextreme Organisation aus den USA, die sich aber 2012 aufgelöst haben soll.

„Combat 18“ gilt als sogenannter „bewaffneter Arm“ des „Blood & Honour“-Netzwerkes. Politiker vor allem von Linkspartei und Grünen fordern seit einiger Zeit ein Verbot von „Combat 18“. Die Thüringer Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss (Linke) hatte im April dieses Jahres vor dem Hintergrund diverser Combat 18-Aktivitäten eine Ausweitung des „Blood & Honour“-Verbotes auf „Combat 18“ gefordert. Anlass war ein zu diesem Zeitpunkt öffentlich gewordenes Konzert im sächsischen Mücka, bei dem Neonazis mit Hakenkreuz-Shirts auftraten und auch eine rechtsextreme Band aus Thüringen spielte.

Im Juni haben dann Linke-Politiker und Politikerinnen bundesweit ein Verbot von Combat 18 gefordert, weil bekannt geworden war, dass der mutmaßliche Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) in Verbindung mit dem Netzwerk stehen soll. Stefan E. soll noch im März an dem Konzert in Mücka teilgenommen haben. Kurz nach dieser Verbotsforderung hatte auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erklärt, ein Verbot von „Combat 18“ zu prüfen. Seit Juni hat sich der Politiker dazu aber nicht mehr geäußert. Auch nicht, nachdem vor einigen Wochen mehrere Innenminister der Länder - u.a. Thüringen Innenressortchef Georg Maier (SPD) - nach Medienanfragen erneut Druck ausgeübt und ein Verbot eingefordert hatten.

Anzeichen für enge Verbindung in Thüringer Neonazi-Szene

Auch wenn das Thüringer Landesamt für den Verfassungsschutz und das Innenministerium keine Anhaltspunkte dafür sehen, dass Combat 18 in Thüringen eine eigene Struktur unterhält, so gibt es doch immer wieder Anzeichen für enge Verbindungen in die Thüringer Neonazi-Szene. Ein führendes Combat 18-Mitglied soll erst vor kurzem nach Eisenach gezogen sein. Beim Prozess am Landgericht Erfurt um einen rechtsextremen Überfall auf eine Kirmesgesellschaft in Ballstädt trat einer der Angeklagten mit einem unübersehbaren C 18-Tattoo auf dem Hinterkopf vor Gericht auf.

An der Razzia waren insgesamt 120 Beamte der bayrischen Polizei beteiligt. Neben Spezialkräften waren auch Beamte der örtlichen Polizeidienststellen und der Kripo eingebunden, heißt es vom LKA.

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