Erfurt. Thüringen schneidet in einer Krankenkassenstudie schlecht ab – deutliche Unterschiede in den Regionen des Freistaates.

Thüringen liegt nach einer Krankenkassenstudie bei der Häufigkeit von Diabetes-Erkrankungen bundesweit auf dem zweiten Platz. Nach dem am Donnerstag vorgestellten ersten Gesundheitsatlas der AOKplus für Thüringen leben im Freistaat insgesamt rund 288.000 Menschen mit Diabetes vom Typ II, einer vor allem durch falsche Ernährung und Bewegungsmangel verursachten Form der Zuckerkrankheit. Das entspricht 11,9 Prozent der Bevölkerung. Nur in Sachsen-Anhalt (12,9 Prozent) ist Diabetes weiter verbreitet als in Thüringen. Die wenigsten Diabetiker leben in Hamburg (6,4 Prozent).

Im Bundesdurchschnitt sind nach der vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (Wido) erarbeiteten Studie 8,6 Prozent der Bevölkerung betroffen. Der hohe Thüringer Wert hat nach Einschätzung von Studienleiter Helmut Schröder vor allem mit der Altersstruktur zu tun. Hier sei der Anteil der 55- bis 89-Jährigen im Vergleich zu anderen Bundesländern besonders hoch. Typ-II-Diabetes („Altersdiabetes“) ist vor allem eine mit steigendem Lebensalter auftretende Erkrankung, bei der der Lebensstil eine wichtige Rolle spielt. Mehr als die Hälfte der Thüringer Diabetiker sind laut Studie älter als 70 Jahre.

Deutliche Unterschiede in Regionen

Auch innerhalb Thüringens gibt es teils deutliche Unterschiede. In Suhl sind gut 14 von 100 Einwohnern Diabetiker, das ist der landesweit höchste Wert. Suhl gilt mit einem Durchschnittsalter von rund 50,7 Jahren als eine der Städte mit den ältesten Bewohnern in Deutschland. Auch in den Kreisen Altenburger Land, Sonneberg und Hildburghausen mit jeweils fast 14 Prozent und der Unstrut-Hainich-Kreis mit 13 Prozent leben überdurchschnittlich viele Diabetiker. Der Gesundheitsatlas offenbart ein Stadt-Land-Gefälle. Die wenigsten Diabetiker (7,6 Prozent) verzeichnet die Studie für Jena, in Weimar sind es 9,5 Prozent. Auch in Erfurt (9,6) liegt ihr Anteil unter 10 Prozent.

Der Weimarer Mediziner Reinhard Fünfstück erklärt das auch mit unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten in der Stadt und auf dem Land. In Städten lebten mehr junge Menschen, die sich bewusster ernährten, auf dem Land dominiere häufig die gehaltvolle Thüringer Traditionskost, sagte er. „Im ländlichen Raum essen sie mehr den schönen Thüringer Kuchen und die schöne Thüringer Wurst.“ Übergewicht spiele eine große Rolle bei der Entstehung von Diabetes.

Fünfstück, der Ärztlicher Direktor des Klinikums Weimar ist, leitet eine Arbeitsgruppe bei der Landesärztekammer, die sich mit der Weiterbildung von Diabetes-Ärzten beschäftigt. Die Gesamtzahl der Erkrankungen hält er für alarmierend. Gefragt sei vor allem Aufklärung über die Ursachen von Diabetes und Vorsorgemöglichkeiten wie einen gesünderen Lebensstil.

Bundesweit sind laut Studie mehr als 7 Millionen Menschen an Diabetes erkrankt. Für den Diabetes-Gesundheitsatlas wurden Erkrankungsdaten der rund 980.000 Thüringer AOK-Versicherten von 2017 ausgewertet und auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet. Die AOKplus ist die größte gesetzliche Krankenkasse in Thüringen, etwa jeder zweite Thüringer ist hier krankenversichert.