Erfurt. Die Corona-Beschränkungen hatten für den Blutspendedienst eine paradoxe Auswirkung: mehr Spender, weniger Bedarf. Doch nun wird vor einem Notstand gewarnt.

Die Spendendienste in Thüringen bitten dringend um Blutspenden. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie, hohe Temperaturen, Ferien sowie ein hohes Reiseaufkommen sorgten seit Wochen für eine rückläufige Spendebereitschaft und mittlerweile für eine bundesweit kritische Versorgungslage, mahnte die Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Gerda Hasselfeldt, vor dem heutigen Weltblutspendetag. Engpässe seien auch in Thüringen zu spüren. „Viele Leute haben nach zwei Jahren Pandemie Dinge nachzuholen – und da ist die Blutspende nicht der erste Punkt, den sie abzuhaken haben“, sagte der Landeschef des DRK-Blutspendedienstes, Nico Feldmann. Im Mai seien im Freistaat 4200 Blutspenden verzeichnet worden, acht Prozent weniger als nötig.

Laut dem Institut für Transfusionsmedizin Suhl (ITMS) werden allein in Thüringen täglich 350 Blutkonserven gebraucht, bundesweit sind es 15.000. Derzeit lägen die Bestände nur noch knapp über dem Soll, so die Spendendienste. Bei seltenen Blutgruppen wie „0 negativ“ und „A positiv“ ist die Lage besonders kritisch. „Wir können die Kliniken aktuell nur bedingt versorgen“, sagte Feldmann. Im Zweifel müssten diese Operationen verschieben – davon gehört habe er noch nicht. Man sei auf jede einzelne Spende angewiesen, heißt es auch beim Blutspendedienst Haema.

Eine Blutspende kann bis zu drei Menschenleben retten

Das Thüringer Gesundheitsministerium weist darauf hin, dass Krankenhäuser nach der Pandemie in den Normalbetrieb zurückkehrt sind, verschobene Operationen nachholen und somit vermehrt Blutkonserven gebraucht würden. „Rund 80 Prozent aller Bürger sind in ihrem Leben selbst einmal auf eine Blutspende angewiesen. Eine Blutspende kann bis zu drei Menschen das Leben retten“, sagte Gesundheitsministerin Heike Werner. Laut dem Verband der Ersatzkassen (vdek) werden Blutpräparate in der Krebstherapie, bei der Versorgung von Unfallpatienten, bei Geburten oder der Behandlung von Herzerkrankungen benötigt. Da Blutpräparate nur begrenzt haltbar sind, müssten Blutspendetermine kontinuierlich stattfinden und Spender möglichst regelmäßig kommen.

"Rund 80 Prozent der Bundesbürger sind selbst einmal auf eine Blutspende angewiesen. Eine Blutspende kann bis zu drei Menschen das Leben retten", so Gesundheitsministerin Heike Werner. © Sascha Fromm

Im Lockdown sei für viele Menschen die Blutspende eine Möglichkeiten gewesen, rauszukommen, Termine seien gut gelaufen, sagte Nico Feldmann. Anfang 2021 habe sich das erstmals gewandelt: Mit der Rücknahme vieler Beschränkungen hätten viele den Sommer mit anderen Aktivitäten verbracht.

Auch in diesem Sommer sorgt sich Feldmann um Nachholeffekte in den Kliniken. Dazu kämen Ferienzeiten und lange Wochenenden. Probleme bereiteten auch die hohen Corona-Zahlen, denn: Wer infiziert ist, muss vier Wochen warten, bis er oder sie wieder Blut spenden darf. „Wir ringen derzeit um jeden Spender“, fasste Feldmann die Situation zusammen.