Erfurt. Wie können Ärzte, Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser gerade in ländlichen Regionen Thüringens an einem Strang ziehen? Dazu gab es ein Fachgespräch im Landtag.

Wer kümmert sich, wenn in einem Dorf kein Arzt, keine Hebamme oder keine Pflegebetreuung mehr erreichbar sind? Wie kommen vor allem ältere, weniger mobile Menschen in die nächste Praxis oder zu einer Apotheke? In Gesundheitsregionen sollen Ärzte, Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser und andere medizinische Leistungserbringer an einem Strang ziehen. An die Stelle der üblichen Patienten-Odyssee auf der Suche nach einem zuständigen Ansprechpartner tritt so im besten Falle eine abgestimmte und regional integrierte Versorgung aus einer Hand.

Solche Vernetzungen gelten als Lieblingsprojekt der Grünen. Geschafft haben sie es auch in den Koalitionsvertrag der Ampelregierung im Bund. Gewährleisten will man mit Gesundheitsregionen wie auch mit Gesundheitslotsen eine wohnortnahe, bedarfsgerechte, ambulante und kurzstationäre Versorgung.

Nicht angemessen auf demografische Krise reagiert

Die Thüringer Grünen hatten dazu jetzt zum öffentlichen Fachgespräch in den Landtag geladen. Ländliche und demografische Entwicklung zwingen zum Umdenken, sagte die gesundheitspolitische Fraktionssprecherin Babette Pfefferlein. Parteikollegin und Bundestagsabgeordnete Kordula Schulz-
Asche mahnte eindringlich zur Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe. Man habe auf die demografische Krise bisher nicht angemessen reagiert. Jeder habe sein Terrain verteidigt. Statt der bisherigen Arztzentrierung brauche es ein System, in dem viele mithelfen, sagte sie.

Stiftung Landleben vorgestellt

Tatsächlich gibt es das schon. Der Thüringer Christopher Kaufmann stellte im Landtag seine Stiftung Landleben vor. Das dort integrierte Projekte Landengel vernetzt seit gut fünf Jahren medizinische, therapeutische und pflegerische Leistungen im Unstrut-Hainich-Kreis. 21 Kooperationspartner bringen so Angebote im Bereich der Telemedizin auf dem Weg, organisieren ehrenamtliche Fahrdienste oder richten in kleineren Orten „Gesundheitskioske“ als niederschwellige Anlaufstellen ein. „Dorfkümmerer“ nehmen sich der Bedürfnisse Älterer an.

Deutlich längere Erfahrungen mit dieser Art von regionaler Zusammenarbeit hat der Hamburger Helmut Hildebrandt. Mit der 2005 gestarteten Dienstleistungs-Gesellschaft „Gesundes Kinzigtal“ schwor er im Schwarzwald eine Region mit 70.000 Einwohnern auf präventive Gesundheitsvorsorge ein. Auch aus Thüringen gebe es dazu Anfragen, berichtete er.

Strukturen sollten optimiert werden

Offen ist die dauerhafte Finanzierung der Modelle. Birgit Dziuk, Landeschefin der Barmer, hielt ihrer Kasse das Bemühen um mehr Prävention und eine sektorübergreifende Versorgung zugute. Statt weitere Managementebenen im System einzuziehen, sollten jedoch Strukturen optimiert werden. Für Kordula Schulz-Asche ist Handeln geboten. Viele Ältere seien einsam und niemand bekomme es mit. Wichtig sei nicht, wer hilft, sondern dass geholfen wird, mahnte sie.

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