Erfurt. Leserfragen zum Thema Long Covid beantworteten Mediziner beim Telefonforum unserer Zeitung.

Nach einer Corona-Infektion sind bei vielen Betroffenen gesundheitliche Langzeitfolgen zurückgeblieben. Man spricht von Long- beziehungsweise Post Covid. Was kann dagegen tun, wie kann man sich davor schützen?Antworten auf diese und viele andere Fragen unserer Leser beantworteten Stefan Dammers, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie am KKH Erfurt, Roger Schubert, Chefarzt der Klinik für Neurologie am SRH Wald-Klinikum Gera, Harald Lapp, Chefarzt der Klinik für Kardiologie der Zentralklinik Bad Berka und Henning Müller, Oberarzt der Klinik für Pneumologie an der Zentralklinik Bad Berka. Hier eine Auswahl der Fragen und Antworten:

Was ist der Unterschied zwischen Long- und Post Covid?

Der Begriff Long Covid ist im Wandel. Wie lange „long“ wirklich dauert, ist nicht bekannt. Auf jeden Fall ist klar, dass das Erkrankungsbild nach einer Akut-Infektion auftritt, also „post“. Im Wesentlichen werden die Begriffe synonym benutzt.

Wie kann ich mich gegen ein Post-Covid-Syndrom schützen?

Krankheit ist leider immer auch Schicksal. Einen absoluten Schutz gibt es nicht. Risikofaktoren wie einen schweren Verlauf der vorangegangenen akuten Infektion, Alter oder Begleiterkrankungen kann man nicht beeinflussen. Naheliegend ist, sich vor einer Akut-Infektion zu schützen. Da sind wir also bei den hinreichend besprochenen Abstands- und Hygieneregelungen und der Corona-Impfung.

Mit welchen psychischen Beschwerden ist bei einem Post-Covid-Syndrom zu rechnen?

Psychische Einschränkungen können vielfältig sein. Im Vordergrund steht Erschöpfbarkeit, dass was man häufig als Fatigue bezeichnet. Die geistige Leistungsfähigkeit, also die Kognition, kann beeinträchtigt sein. Weitere Symptome sind Depressivität und Angst, aber auch Schmerzen und körperliche Missempfindungen und weitere Symptome sind möglich.

Nach der Covid-Infektion ging es meiner Schwester immer besser, nun hat es aber einen Rückschlag gegeben. Außerdem sind noch weitere Gesundheitsstörungen hinzugekommen, eine Thrombose im Arm und eine schwere Bronchitis. Warum?

Selbst wenn man gesund ist sind Schwankungen im Befinden nicht ungewöhnlich. Im Rahmen der Genesung sind solche Schwankungen eher noch stärker ausgeprägt. Das bedeutet, dass es auch immer wieder Rückschritte geben kann. Vergleicht man aber die Situation nach einem Rückschritt mit der Lage unmittelbar nach der Infektion, wird man trotzdem Fortschritte feststellen. Besonders nach schweren Infektionsverläufen ist der Körper geschwächt und auch anfällig für andere Erkrankungen.

Ich bin seit 24 Wochen krankgeschrieben und würde gerne wieder arbeiten. Ich war auch schon in einer Rehabilitationsbehandlung. Ich habe aber Angst, mein Pensum nicht zu schaffen. Was kann ich tun?

Es besteht die Möglichkeit der beruflichen Wiedereingliederung. Einen entsprechenden Plan können Sie mit Ihrem Hausarzt erstellen. Während der Wiedereingliederungszeit erhalten Sie noch Krankengeld und der Arbeitgeber wird nicht belastet. Sie haben so die Möglichkeit, Schritt für Schritt wieder in das Arbeitsleben einzutreten.

Ist das Post-Covid-Syndrom eine neuartige Krankheit?

Neu ist die weltweite Herausforderung durch Sars-CoV-2 und damit sicher auch die Menge der Menschen, die an Post Covid erkranken oder erkranken werden. Bereits Anfang der 2000 gab es eine Pandemie mit einem Sars-Erreger und bei schweren Verläufen auch Jahre danach häufig psychiatrische Auffälligkeiten. Postinfektiöse Beschwerdekomplexe gibt es auch bei anderen Infektionserkrankungen.

Wie wird Post Covid behandelt?

Eine allgemeingültige und zur Heilung führende Behandlung ist nicht bekannt. Die derzeitige Behandlung ist symptomatisch. Aktivierende Maßnahmen wie etwa Physio- und Ergotherapie oder ein Training der geistigen Fähigkeiten, neuropsychologische Therapien, sind sinnvoll. Depressivität oder kardiopulmonale Störungen und weitere Symptome werden mit den bereits bei anderen Krankheitsursachen etablierten Verfahren behandelt. Einige spezifischere Therapieansätze sind noch experimentell, das heißt, in der tatsächlichen Patientenversorgung noch nicht anwendbar.

Da auch Symptome aus anderen Fachbereichen, etwa der Inneren Medizin und der Neurologie, vorliegen ist es sicher sinnvoll, wenn Fachärzte unterschiedlicher Disziplinen zusammenarbeiten können. Interdisziplinäre Spezialsprechstunden oder spezielle Rehabilitationsbehandlungen können also sinnvoll sein. Belegt ist der Effekt allerdings nicht. Wie bei vielen chronischen Erkrankungen können Selbsthilfegruppen helfen.

Stimmt es, dass Frauen häufiger erkranken als Männer?

Ja. Das scheint weltweit so zu sein. Andererseits sind sie vor schweren Verläufen besser geschützt als Männer. Es gibt zahlreiche Erklärungsansätze dafür. Und wie immer, wenn es zahlreiche Erklärungsansätze gibt, lässt sich sagen, man weiß nicht, warum es so ist.

Ich bin nach der Covid-Erkrankung häufig sehr erschöpft und kann nur kurz Zeit körperlich arbeiten, mich nicht lange konzentrieren. Außerdem schlafe ich mehrfach am Tag und auch lange in der Nacht. Wenn ich versuche zu trainieren, werden meine Beschwerden eher noch stärker. Was mache ich falsch?

Vermutlich handelt es sich bei Ihnen um das Fatigue-Syndrom, eine vermehrte Erschöpfung im körperlichen und geistigen Bereich. Es hat sich herausgestellt, dass übliches, leistungsorientiertes Training die Belastbarkeit eher verschlechtert und die Dauer des Fatigue-Syndroms verlängert. Mein Rat: trainieren Sie regelmäßig, aber bleiben Sie unterhalb Ihrer Belastungsgrenze.

Ich bin eigentlich ein Mensch, der viele Dinge gleichzeitig tun kann. Seit der Covid-Infektion fällt mir das total schwer. Ich muss mich sehr konzentrieren, mir fallen teils die Worte nicht ein, verschiedene Dinge gleichzeitig tun geht überhaupt nicht.

Das ist eine häufige Folge im Sinne des Post-Covid-Syndroms. Sie können auf die veränderte Konzentrations- und Gedächtnisleistung so reagieren, dass Sie ihre Aufgaben strenger strukturieren, sich Lern- und Gedächtnishilfen zurechtlegen und versuchen, Ihre Arbeitsaufgaben nacheinander abzuarbeiten.