Hanno Müller zu Ärztemangel und Wartezeiten.

Was kommt wohl raus, wenn ein Telemedizinunternehmen die Arztbesuche in Thüringen und Deutschland unter die Lupe nimmt? So gesehen ist das Ergebnis, dass man mit mehr Konsultationen via Internet sowohl das Gesundheitswesen als auch die Patienten hinsichtlich langer Aufenthalte in Arztstuben entlasten könne, nicht überraschend. Es ist aber auch nicht falsch. Eineinhalb Jahre nach der Freigabe der Fernbehandlungen durch den Ärztetag in Erfurt bekräftigt der Praxisreport Sinn und Nutzen der Zulassung.

Bei der Umsetzung hapert es noch. Bisher sind es vor allem ausländische Anbieter wie Fernarzt oder Zava (früher DrEd), beide mit Sitz in London, die auf den deutschen Behandlungsmarkt drängen. Bei Ärzten wie auch bei den Patienten fehlt es an praktischen Erfahrungen. Einer repräsentativen Umfrage vom Frühjahr zufolge treibt über 90 Prozent der befragten Frauen und Männer ab 14 Jahren die Sorge um, bei einer Fernbehandlung könnte es zu Fehldiagnosen kommen oder eine Krankheit übersehen werden. Auch die Ärzte seien weiter zurückhaltend. In Thüringen rechnen bisher nur wenige Mediziner entsprechende Leistungen ab. Nicht zuletzt fehlen dafür in vielen Praxen die technischen Voraussetzungen.

Trotz der grundsätzlichen Weichenstellung für mehr Telemedizin und vereinfachter Vergütung bleibt Regelungsbedarf. Das gilt für Krankschreibungen, die per Fernbehandlung ausgestellt werden, ebenso wie für Rezepte. Für kontroverse Diskussionen sorgte ein Hamburger Unternehmen mit - allerdings auf Erkältungskrankheiten beschränkten - AU-Bescheinigungen per WhatsApp ohne physischen Kontakt oder Arztgespräch per Telefon bzw. Onlinesprechstunde. Bei per Fernbehandlung ausgestellten Rezepten für verschreibungspflichtige Medikamente hat das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) gerade erst die Barrieren in den Apotheken gesenkt.

Bis sich Fernbehandlungen durchsetzen, bleibt also ein langer Weg. Der aber ist alternativlos.

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