Jena. Prustendes Gelächter statt gespannter Stille im Hörsaal: Beim Ärztlichen Fachrichtungen-Slam warben sechs Mediziner für ihre Disziplin.

Es war eine knappe Entscheidung: Mit der Maximalpunktzahl 30 und 1,5 Zählern vor dem Zweitplatzierten hat die Sömmerdaer Kinderärztin Ulrike Dittrich am Donnerstag in Jena den 4. Ärztlichen Fachrichtungen-Slam gewonnen. So sperrig der Titel des Wettbewerbs, so witzig war das, was sechs gestandene Mediziner rund 300 Zuschauern boten – alles aber mit dem Ziel, mit ihren Auftritten Medizinstudenten des 1. bis 13. Semesters für die eigene Fachrichtung zu begeistern. Und das eben nicht staubtrocken.

Das Publikum bog sich vor Lachen, als die spätere Siegerin aus dem Nähkästchen plauderte und als erstes einen Taschenfurz hervorholte: Pädiatrie, erklärte die Ärztin, sei die einzige Fachrichtung, bei der man so etwas ungestraft während der Visite benutzen dürfe.

Überhaupt: Wer auf Spaß, Spannung und Spiel aus sei, der möge sich für die Kindermedizin entscheiden. Dort seien die Patienten wenigstens ehrlich: Während man in der Geriatrie auf die Frage nach dem Befinden des Kranken in den folgenden 15 Minuten einen Abriss der Geschichte des 20. Jahrhunderts bekomme, würden Kinder – je nach Alter – zu schreien anfangen, dem Arzt „dezent vor die Füße kotzen“ oder ihn anblaffen: „Ey, Alter, siehst du doch: Sch...“

Augenärztin Heike Schroth aus Gera ließ zwei Monsteraugen sprechen.
Augenärztin Heike Schroth aus Gera ließ zwei Monsteraugen sprechen. © Sibylle Göbel

Mit ihrer „Erlkönig“-Version beschrieb Ulrike Dittrich zudem, was Kinderärzte mit überbesorgten und bei Dr. Google geschulten Eltern erleben: „Wer fährt so spät durch Nacht und Wind, es ist die Mutter mit ihrem Kind...“

Und die stellt dann eben auch abends mal den Dreijährigen vor, der seine Genitale im Reißverschluss eingeklemmt hat. „Die Mutter so: ,Sie haben das doch studiert...!’“ Nein, stellte die Ärztin klar, hat sie nicht. Aber in der Kindermedizin erlebe sie so manches, auf das das Studium sie nicht vorbereiten konnte, aber in der Praxis lernt: Angefangen von Lego-Figuren-Köpfen, die aus Nasen und Ohren zu ziehen sind, bis hin zu Eltern, denen genau zu erklären ist, wie Zäpfchen verwendet werden...

Vorjahressieger Florian Heidrich aus Erfurt, ein echter Wortakrobat, brach eine Lanze für die Allgemeinmedizin: „Hausarzt sein ist ein ganz solider Job – ohne Stützräder und ohne oberärztliches Bonding. Wir Hausärzte sind kein Inklusionsprojekt vom Jobcenter, auch wenn uns manchmal die Kliniker so hinstellen.“ Und so täten, als müssten sie die kleinen Hausärzte abends aus dem Smaland abholen. – 28 Punkte.

Wortakrobat: Vorjahressieger Florian Heidrich, Hausarzt in Erfurt.
Wortakrobat: Vorjahressieger Florian Heidrich, Hausarzt in Erfurt. © Sibylle Göbel

Internist Thomas Schröter aus Weimar warb für das „Fach der Superlative“: die Innere Medizin – und demonstrierte den rasanten Wandel seines Fachgebiets, in dem er sich vom „alten Graukopf“ in einen Hip-Hopper mit Rastalocken verwandelte. 28,5 Punkte. Die Geraer Augenärztin Heike Schroth überließ zwei auf einem Haarreifen befestigten Monsteraugen das Plädoyer für ihre Disziplin und erntete die größten Lacher mit einem Witz: „Geht ein Zyklop zum Auge-Arzt...“ (22 Punkte).

Für den Job des Generalisten legte sich Axel Pleßmann, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme in Sömmerda (24,5 P.) mächtig ins Zeug, für den der Frauenärztin Anne Klemm aus Gera (23). Doch egal wie die Ärzte bei der von Uniklinik, Kassenärztlicher Vereinigung und Ärztescout Caroline Scheide organisierten Veranstaltung abschnitten: Ihr Mut und ihr Einsatz im Dienste der ärztlichen Versorgung verdienen höchstes Lob.