Mühlhausen. In Mühlhausen fand eine Gesprächsrunde zum Thema Organspende und Transplantationsmedizin statt.

Das Interesse ist groß. Das Thema Organspende und Transplantation ist eines, das immer wieder Fragen aufwirft. Das zeigte sich zur zweiten Veranstaltung einer kleinen Reihe zu diesem Thema, die von der evangelischen und der katholischen Kirche in Mühlhausen sowie dem Allgemein- und Palliativmediziner Thomas Levi initiiert wurde.

Gäste am Dienstagabend im Haus der Kirche: Falk Rauchfuß, Transplantationsmediziner und Gefäßchirurg an der Universität in Jena, und Falk Walther, Neurologe aus Mühlhausen. Rauchfuß plädiert angesichts der in Deutschland im europaweiten Vergleich überaus niedrigen Transplantationszahlen für eine Widerspruchslösung. Die wird derzeit diskutiert und besagt zusammengefasst: Wer nach dem Hirntod seine Organe nicht spenden wolle, solle dies kundtun. Die meisten Organspender seien Patienten mit Hirnbluten, das zum Hirntod führt. 2018 wurden etwa 5000 Personen deutschlandweit auf die Warteliste aufgenommen. Gut 900 Menschen auf der Warteliste sind 2018 verstorben. „Für dieses Jahr deuten sich weitaus schlechtere Zahlen an“, meint Rauchfuß. Die ostdeutschen Länder weisen seiner Kenntnis nach deutlich bessere Werte auf als jenseits der ehemaligen innerdeutschen Grenze.

Das Alter der Organspender geht nach oben. Sei in den 1990ern ein Leberspender Mitte 20 gewesen, sei er heute um die 60. „Wir haben schon die Leder eines 85-Jährigen transplantiert und müssen ältere Spender akzeptieren.“ Die Organentnahme sei ein „komplexer Prozess, der viel Organisation erfordert“ und von Chirurgen übernommen werde, die an Transplantationszentrum angestellt sind.

Mediziner fragt nach staatlicher Kontrolle

Falk Walther, der unter anderem fürs Ökumenische Hainich-Klinikum als Neurologe arbeitet und auch von anderen Kliniken angefordert wird, um den irreversiblen Hirnfunktionsausfall festzustellen, vermied den Begriff Hirntod. „Wenn der Hirnstamm nicht funktioniert, atmet der Mensch nicht mehr, er muss beatmet werden – auch bei der Entnahme der Organe. Ein Mensch ohne funktionierende Gehirn ist nicht lebensfähig.“ Im Gegensatz dazu der Wachkoma-Patient: „Er lebt von seinem Hirnstamm, nimmt aber die Umgebung nicht wahr.“

Mit-Organisator Thomas Levi sprach vom fehlenden Vertrauen in das Transplantationssystem und fragte: „Warum gibt es keine staatliche Kontrolle des Systems?“ Und: Muss alles, was medizinisch möglich ist, auch unternommen werden. „Ein Mensch mit Organspende bleibt kranker Mensch. Es stellt sich die Frage nach der Lebensqualität.“ Rauchfuß vertritt eine gänzlich andere Ansicht: „Es gibt fast nichts Transparenteres als Transplantationsmedizin; auch die Stiftung Organtranspantation wird kontrolliert.“ Und: Man transplantiere, um die Menschen in den (Arbeits-)Alltag zu entlassen. Die Gäste der Diskussionsrunde interessierten sich für Fragen wie: In welchem Zustand wird der Spender hinterlassen? Wie viele Organe werden entnommen? Wird man „ausgenommen zurückgelassen“? Rauchfuß erklärte die medizinischen Details und beruhigte: „Alles, was wir zurücktun können, liegt nach der Transplantations-Operation wieder an Ort und Stelle; die Öffnungen werden verschlossen wie nach normaler OP.“

Das dritte Forum findet am Dienstag, 21. Mai, 19.30 Uhr, im Haus der Kirche statt. Gäste: der Leiter der Hospiz- und Palliativ-Akademie der Universität Jena, Marcus Sternberg, sowie Trauerbegleiterin Mary Fischer aus Bad Langensalza.