Schmiedebach. Tom Roman Oelzner leidet an Depressionen. Bis ihm geholfen wurde, dauerte es lange, an seiner Arbeitsstelle und in seinem privaten Umfald gab es viel Unverständnis für seine Krankheit.

Tom Roman Oelzner leidet seit acht Jahren an Depressionen. Doch lange weiß er nicht, dass diese psychische Erkrankung der Grund für seine seelischen Qualen ist. Im vergangenen Sommer macht er endlich eine stationäre Therapie in Jena. Zwar ist der Schmiedebacher nach wie vor nicht arbeitsfähig, dennoch weiß er: „Es war eine der wertvollsten Zeiten in meinem Leben.“

Kürzlich erzählte Tom Roman Oelzner seine Leidensgeschichte auf Facebook und erntete viel Zuspruch. Diese Woche rief er zudem eine Instagram-Seite zum Thema Depression unter der Überschrift „Devil in my Mind“ (Account:_devil_imm) ins Leben. Er möchte die Öffentlichkeit für eine Krankheit sensibilisieren, an der in Deutschland aktuell vier Millionen Menschen leiden. Er will für Akzeptanz werben und andere Betroffene ermutigen, sich nicht länger zu schämen und ebenfalls ihre Geschichten zu erzählen.

Wie es in Oelzner aussah, ahnte lange niemand. Nach außen hin war er der lustige, unterhaltsame Tom, der beim Fasching Büttenreden hält und moderiert. „Das war eine Maske“, sagt der Thüringer. Im Inneren hoffte er jedoch, dass die angebrochenen Tage möglichst schnell vorübergehen. Er zwang sich, auf Arbeit zu gehen, fühlte sich oft unendlich erschöpft. Und das Schlimmste: Irgendwann spürte er keine Gefühle mehr. „Ich konnte ein Jahr nicht weinen“, sagt er. Dabei hätte er sich so gern Luft verschafft.

Depressive Anzeichen spürte der 24-Jährige eigentlich schon seit Jahren, weiß sie aber nicht zu deuten. Er quält sich durch seine Ausbildungen zum Kinderpfleger und Erzieher. Später arbeitet er im Hort, wechselt dann zur Jugendhilfe. Dort betreut er Eltern in prekären Situationen. Ein Job, der viel abverlangt – auch eine Menge Überstunden fallen an.

Eines Tages kann er die Aufgaben krankheitsbedingt nicht mehr erfüllen. „Schon im Juni 2019 fing es an, dass wichtige Arbeit auf meinem Schreibtisch liegenblieb“, schreibt Oelzner auf Facebook. „Ich verschob Termine und sagte meiner Chefin, dass ich es bis Anfang nächster Woche fertig habe. Nichts ist fertig geworden.“ Und auch den Klienten gegenüber wird er mitunter pampig.

Als er sich endlich dort offenbart, erntet er kein Verständnis. Ihm wird unterstellt, faul zu sein und zu simulieren. So abgestempelt zu werden, schmerzt Tom Roman Oelzner noch immer. „Seit Ende Oktober 2019 fühlte ich mich nicht mehr in der Lage, arbeiten zu gehen.“ Doch es vergehen noch einmal sechs Monate, bis der Entschluss zur Therapie reift. Er scheut die Beschäftigung mit sich selbst und seiner Kindheit, die nicht immer glücklich war. „Mein Vater hat mich nicht so akzeptiert, wie ich war“, sagt er. „Außerdem hatte ich ADHS und musste starke Medikamente nehmen.“

Zweimal erleidet er zwischenzeitlich psychische Zusammenbrüche, dass seine Eltern den Notarzt rufen. Er beginnt schon morgens zu trinken, ihn quälen Selbstmordgedanken: „Wenn Du die Flasche Diazepam rein kippst oder beim Autofahren gegen eine Mauer fährst, dann bist Du erlöst“, stellt er sich vor. Seine Familie und der Hausarzt machen sich ernsthaft Sorgen.

Besserung erlebt Tom Roman Oelzner erst auf der psychiatrischen Station im Jenaer Universitätsklinikum. Erstmals kann er dort der Therapeutin gegenüber „seine Maske fallen lassen und sie mit hinter seine Mauer nehmen“. Und endlich kann er wieder weinen.

Inzwischen sind weitere zehn Monate vergangen. Oelzner fühlt sich so gut wie lange nicht. Er ist weiterhin in Therapie und nimmt Medikamente. „Ich würde auch gern wieder arbeiten“, sagt er. „Aber ich bin noch zu instabil.“ Dann aber schwebt ihm eine Umschulung vor.

Wer unter Depressionen oder gar Selbstmordgedanken leidet, kann sich unter anderem Hilfe bei der Telefonseelsorge suchen, Telefon: 0800/1110111. Die Beratung ist anonym und kostenfrei