Erfurt. Im Kampf gegen Corona will Bodo Ramelow den Bewegungsradius der Thüringer einschränken. Kritik kommt unter anderem von den Regierungspartnern.

Im Kampf gegen die hohen Infektionszahlen mit dem Coronavirus in Thüringen will Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) die Bewegungsfreiheit der Menschen einschränken.

Nach sächsischem Vorbild soll der Bewegungsradius auf 15 Kilometer um den eigenen Wohnort beschränkt werden, so der Linke-Politiker. Das würde beispielsweise für Ausflüge in Thüringens Wintersportregionen gelten, aber auch für Familienbesuche. Für Fahrten zur Arbeit würden die Einschränkungen dagegen nicht gelten.

Kritik von Grünen und SPD

Kritik an Ausgangsbeschränkungen kam unter anderem von Umweltministerin und stellvertretender Ministerpräsidentin Anja Siegesmund (Grüne). Sie schrieb auf Twitter: "Sollte erst mal am 5.1. im Kabinett in Ruhe diskutiert werden, ist bislang nichts als ein Vorschlag."

Thüringens Finanzministerin Heike Taubert (SPD) schrieb, dass die Einschränkung der Bewegungsfreiheit im Erzgebirge nicht den gewünschten Effekt gehabt habe. Gute Steuerung des Wintersports sei besser als eine Beschränkung. "Wir sollten die, die auf uns hören und statt Wohnung die frische Luft nutzen, nicht bestrafen."

"Immer noch eine mildere Form als tagsüber eine Ausgangssperre", hielt Ramelow gegen. Die sächsische Regelung sei damals auch eine ausdrückliche Bitte aus Thüringen gewesen, um Einkaufstourismus in den Regionen Altenburg, Greiz und Schleiz zu unterbinden.

"Als die Thüringer Landkreise an der Grenze zu Sachsen beim Lockdown Gefahr liefen, von sächsischen Kunden überrannt zu werden, waren wir in Thüringen über diese Regel ausgesprochen froh! Was wir von anderen erwarten, sollte auch für unser Handeln Maßstab sein", so Ramelow.

Ansturm auf Wintersportgebiete

Der Regierungschef reagierte nach eigener Aussage auch auf den Ansturm, den es am Wochenende auf die Wintersportgebiete im Thüringer Wald gab, wo sich entgegen der Kontaktbeschränkungen viele Menschen aus verschiedenen Landesteilen sowie aus Franken begegneten.

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Kabinett beriet über Verlängerung des Lockdowns

Zwei Tage vor neuen Bund-Länder-Gesprächen hatte sich das Thüringer Kabinett am Sonntag auf eine Verlängerung des Lockdowns bis zum 31. Januar verständigt.

Endgültige Entscheidungen würden am Dienstag fallen, sagte Ramelow. Dann berät die Ministerpräsidentenkonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Eingeschränkter Regelbetrieb in Schulen erst im Februar

Ramelow begründete das geplante Vorgehen damit, dass Thüringen nach Sachsen derzeit die höchsten Corona-Infektionswerte bundesweit hat. Die Thüringer müssten «im Januar die Zähne zusammenbeißen».

Erst am 1. Februar sei im Freistaat wieder ein eingeschränkter Regelbetrieb von Schulen und Kindergärten geplant. «Im Januar ist noch kein Präsenzunterricht möglich.» Eine Ausnahme könnten die Schüler von Abschlussklassen machen, wenn sie und ihre Lehrer negativ auf das Corona-Virus getestet seien.

Neue Bestimmungen für Notbetreuung

Eine Notbetreuung für Kinder könnte es «nur in abgespeckter Form» bis Ende Januar geben. Welche Eltern Anspruch darauf für ihre Kinder haben, solle ebenfalls am Dienstag entschieden werden. Er könne sich vorstellen, dass nicht bestimmte Berufsgruppen wie im Frühjahr 2020, sondern Arbeitnehmer aus bestimmten Bereichen, «die zur Pandemiebewältigung und -abwehr wichtig sind», diesen Anspruch bekämen, sagte Ramelow. Das träfe neben medizinischem und Pflegepersonal beispielsweise auch auf die Mitarbeiter von Behörden zu, die Anträge auf Corona-Hilfen bearbeiten.

Thüringens CDU-Fraktionschef Mario Voigt sagte, «wir brauchen Klarheit und Konsequenz für den harten Januar». Die Regierung müsse die Notbetreuung für Kindergärten und Schulen eindeutig regeln. «Beim Impfen muss Thüringen mehr Gas geben und prüfen, wo es klemmt», so Voigt zu der bisher niedrigen Zahl gemeldeter Impfungen.

Ramelow fordert möglichst viel Homeoffice

Ramelow warb dafür, die Kontakte weiter einzuschränken. Einige Krankenhäuser und viele Pflegeheime seien bereits an ihrer Belastungsgrenze. «Im Moment sind wir noch handlungsfähig.» Unternehmen sollten ihre Spielräume nutzen, um möglichst viele Beschäftigte zu Hause zu lassen.

Thüringens neue Corona-Verordnung, die am 10. Januar in Kraft treten solle, werde voraussichtlich am 8. Januar veröffentlicht, kündigte der Regierungschef an. Zwei Tage zuvor werde ein Entwurf vorliegen, der auch dem Landtag zugeleitet werde.

Ramelow machte mit Blick auf die Bund-Länder-Gespräche deutlich, dass die Thüringer Entscheidungen wegen des unterschiedlichen Infektionsgeschehens nicht identisch mit denen in Mecklenburg-Vorpommern oder Schleswig-Holstein sein müssen.

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