Arnstadt. Ilhami Benli, Oberarzt der Gefäßchirurgie in der Ilm-Kreis-Klinik Arnstadt, erklärt das Becken-Venen-Syndrom.

Nicht wenige Frauen leiden jahrelang an krampfartigen Schmerzen im Unterleib, ehe der Grund gefunden wird: das Becken-Venen-Syndrom. Warum die Krankheit oft so spät erkannt wird, welche Ursachen sie hat und wie sie behandelt werden kann, erklärte Ilhami Benli, Leitender Oberarzt der Gefäßchirurgie in der Ilm-Kreis-Klinik Arnstadt, beim TA-Forum Gesundheit und beantwortete die Fragen der Zuhörer.

Was sind die Symptome für das Becken-Venen-Syndrom?

Das sind vor allem die starken, anhaltenden Unterleibsschmerzen, wie sie bei vielen Erkrankungen im Unterbauch der Frau auftreten können. Bei einem Becken-Venen-Syndrom halten sie länger als sechs Monate an, lassen sich auch mit Schmerzmitteln nicht gut behandeln und verstärken sich beim Sitzen, beim Stehen, am Abend sowie kurz vor Einsetzen der Menstruation. Auch beim Geschlechtsverkehr verstärken sich die ohnehin schon starken Schmerzen oft, sodass letztlich auch der Partner darunter leidet. Dazu kommen verstärkte Blutungen sowie untypische Krampfadern entlang der Geschlechtsorgane.

Was sind die Ursachen dieses Becken-Venen-Syndroms?

Letztlich geht es um Krampfadern, die man in erster Linie von den Beinen kennt – aber sie können überall auftreten. Die Krampfadern, die diese Unterleibsschmerzen auslösen, sitzen im tiefen Becken, wo man sie nicht gleich bemerkt. Krampfadern an den Beinen beispielsweise sind – leider – nicht zu übersehen, im Unterbauch sind sie dagegen von außen unsichtbar und werden daher bei vielen Untersuchungen wort- und sprichwörtlich übersehen.

In diesen Venen staut sich das Blut, verursacht die Schmerzen und Entzündungen. Oft sind die Schmerzen so stark, dass betroffene Frauen stehende oder auch sitzende Tätigkeiten nicht mehr ausführen können. Das betrifft nicht nur ältere, sondern vor allem jüngere Frauen, die noch im Arbeitsleben stehen. Bei Verkäuferinnen oder Erzieherinnen beispielsweise, die den ganzen Tag auf den Beinen stehen, verstärken sich die anfangs vielleicht noch erträglichen Beschwerden im Laufe des Tages zu den schweren Schmerzen. Teilweise so schlimm, dass sie die Arbeit aufgeben müssen.

Wie häufig ist das Becken-Venen-Syndrom denn eigentlich?

Man geht davon aus, dass jede dritte Frau mit chronischen Unterleibsschmerzen davon betroffen ist.

Welche Ursachen kann das Becken-Venen-Syndrom haben?

Zu den Risikofaktoren gehören beispielsweise leider auch Schwangerschaften: Das Bindegewebe wird für die Geburtsvorbereitung weicher – aber genau diese hormonellen Weichmacher sorgen dafür, dass in den Gefäßen die Klappen nicht mehr richtig schließen. Sie sorgen normalerweise dafür, dass das Blut nur in eine Richtung fließt. Arbeiten sie nicht mehr richtig, kann das Blut zurückfließen und sich so stark stauen, dass es zu den großen Schmerzen kommt. Bei der Diagnostik, Ultraschall und Computertomografie, sind diese Stauungen meist gut zu erkennen – weil sie oft schon so groß sind.

Auch Adipositas, also Fettleibigkeit und Übergewicht, Thrombosen sowie das häufige, lange Stehen und das schwere Heben können Ursachen sein.

In welchem Alter tritt das Syndrom denn auf?

Sehr selten bei Frauen unter 20 Jahren, auch nach den Wechseljahren – meist Mitte 50 – tritt diese Erkrankung kaum noch auf.

Wie werden die gestauten Krampfadern behandelt?

Es klingt martialischer, als es tatsächlich ist: Mittels Katheter – der Zugang erfolgt an der Leiste – wird die betroffene Vene mit Metallspiralen und medizinischem Kleber verstopft. Durch die Kathedertechnik unter meist örtlicher Betäubung ersparen wir den Patientinnen einen größeren Eingriff, bei dem die Vene entfernt wird. Oft sagen die Frauen schon während der Behandlung, dass der Schmerz verschwindet. Fast die Hälfte aller behandelter Frauen sind danach dauerhaft beschwerdefrei, bei den anderen sind die Schmerzen deutlich gelindert.

Medizinische Themen, leicht verständlich erklärt – und Chef- und Oberärzte, die in der TA-Sprechstunde Fragen der Zuhörer beantworten – das bieten die Vorträge des TA-Forums Gesundheit. Die nächsten Termine sind:

  • 15. Oktober, 17 Uhr: Mehr Lebensqualität trotz Herzerkrankung – dank moderner Therapien; ZBB Bad Berka Thomas Kuntze, Chefarzt der Klinik für Herzchirurgie, und Christoph Geller, Chefarzt der Klinik für Kardiologie und Abteilung Rhythmologie, stellen moderne Behandlungsmethoden vor.
  • 22. Oktober, 17 Uhr: Roboter-OP – Eingriffe künftig ohne Arzt? Katholisches Krankenhaus Erfurt
  • 23. Oktober, 17 Uhr: Möglichkeiten der Plastischen Chirurgie; Südharz Klinikum Nordhausen
  • 12. November, 17 Uhr: Hypnose statt Narkose? Robert-Koch-Krankenhaus Apolda
  • 26. November, 17 Uhr: Ein Herz und eine Seele – Wie die Psyche unsere Gesundheit beeinflusst; Helios-Klinikum Erfurt
  • 3. Dezember, 17 Uhr: Schmerzbewältigung in der Schmerztherapie; Helios-Klinik Bleicherode

Der Eintritt zu den Veranstaltungen ist frei.