Erfurt. Eigentlich sollen die Vorgaben von jedem Land automatisch übernommen werden. Geht es nach dem Willen des Gesundheitsausschusses des Landtages, könnten sie allerdings weiter ausgesetzt werden.
Konkret geht es um Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA), wonach ein Krankenhaus zum Beispiel mindestens zehn komplexe Eingriffe an der Speiseröhre vorweisen können muss, um die Operation durchführen zu dürfen, oder personelle Anforderungen bei Frühgeburten. Eigentlich sollen die Vorgaben von jedem Land automatisch übernommen werden. Geht es nach dem Willen des Gesundheitsausschusses des Landtages, könnten sie allerdings weiter ausgesetzt werden. Seit Längerem schwelt ein Streit der Regierungsfraktionen im Landtag mit dem Gesundheitsministerium. Letzteres hatte eine Änderung für das Thüringer Krankenhausgesetz beantragt, statt des Automatismus soll von Klinik zu Klinik über die Durchsetzung entschieden werden. Damit will das Ministerium die Schließung von Bereichen verhindern, die einzelne Kriterien nicht erfüllen.
Stattdessen hat jetzt der Gesundheitsausschuss des Landtages auf Antrag der Regierungsfraktionen einen eigenen Änderungsantrag vereinbart. Demzufolge werden Qualitätskriterien, die höhere Anforderungen an Behandlungsmethoden und Qualitätsstandards stellen, nun doch automatisch in den Krankenhausplan aufgenommen. Kliniken, die sie nicht erfüllen, würden aber eine Schonfrist von einem Jahr erhalten. In Kraft tritt dies erst nach der Feststellung von Mängeln bei Kontrollen - das Prozedere könnte sich also noch über Jahre hinziehen.
Bundesweit erstes Land mit Facharztquote
Es handele sich um einen Kompromiss, mit dem man auch auf den Druck aus den Kliniken reagiere, sagte Babette Pfefferlein, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, gestern. Die Entscheidung darüber stehe nächste Woche auf der Agenda des Landtages. Wegen der dann ebenfalls angesetzten Haushaltsdebatte könne sie sich aber bis in den Juli verschieben.
Das Gesundheitsministerium zeigte sich versöhnlich. Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zum Gesetzentwurf der Landesregierung sei vom Willen getragen, die Krankenhausversorgung flächendeckend, bedarfsgerecht und in bestmöglicher Qualität zu gewährleisten, hieß es auf Nachfrage. „Ich habe mich stets für eine bessere Versorgungsqualität eingesetzt. Mit unserer Thüringer Qualitätsverordnung sind wir bundesweit das erste Land mit einer Facharztquote“, sagte Ministerin Heike Werner (Linke). Diese Qualität werde nicht aufgeweicht, sondern ausgebaut. Zudem behalte Thüringen volle Souveränität bei der Krankenhausplanung.
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Hanno Müller