Arnstadt. Eine Mutter beklagt, dass junge Männer ihre Tochter auf dem Heimweg durch Arnstadt verfolgt hatten. Die Zwölfjährige empfand die Begegnung als sehr bedrohlich. Jetzt berichten auch andere Arnstädter von solchen Vorkommnissen.

Es war eine Erfahrung, die Eltern ihren Kindern gern ersparen würden. Völlig durchein­ander kam eine Zwölfjährige am Montag aus der Schule nach Hause. Vom Bustreff an war das Mädchen von zwei jungen Männern verfolgt worden – durch die belebte Innenstadt bis vor die Haustür. Eine Situation, die die Schülerin als so bedrohlich empfand, dass sie sich weigerte, an diesem Tag noch einmal nach draußen zu gehen.

Die Mutter der Zwölfjährigen fackelte nicht lange: Sie erstattete bei der Polizei Anzeige wegen Belästigung ihres Kindes, warnte Mitschüler und deren Eltern, postete das Vorkommnis zudem auf Facebook.

Unzählige Nachrichten gingen bei ihr ein

Daraufhin gingen unzählige Nachrichten bei ihr ein. Ohne, dass ein Bild der Verdächtigen gezeigt wurde, kam Hinweis über Hinweis, dass die jungen Männer schon öfter in dieser Art und Weise auffällig waren. Kinder und Erwachsene fühlten sich von ihnen verfolgt, in einem Drogeriemarkt sei es auch schon zu einem angeblich „zufälligen“ Berühren der Brust eines jungen Mädchens gekommen.

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Die Betroffene hatte das zwar ihren Klassenkameraden erzählt, nicht aber den eigenen Eltern. Dabei sei es wichtig, sagt die betroffene Mutter, dass der Nachwuchs die Eltern ins Vertrauen zieht. Denn nur sie könnten die nötigen Schritte – etwa eine Anzeige bei der Polizei – in die Wege leiten.

Vermehrte Hinweise aus dem Arnstädter Stadtgebiet

Der Fall vom Montag sei der erste, der tatsächlich auch angezeigt wurde, sagte am Mittwoch Jana Krojer, Pressesprecherin der Polizeidirektion in Gotha, die auch für den Ilm-Kreis zuständig sind. Die vermehrten Hinweise aus dem Arnstädter Stadtgebiet nehmen die Beamten allerdings ernst. Insbesondere der Bereich rund um den Bustreff werde derzeit stärker bestreift als bisher. Da es ein Foto der Verdächtigen gibt, werden diese, sobald die Polizei die jungen Männer antrifft, auch angesprochen. Gefährderansprache heißt so etwas in Polizeideutsch. Den jungen Männern wird dabei sehr deutlich vor Augen geführt, dass ihr Verhalten nicht geduldet wird. Zudem werden Konsequenzen aufgezeigt, falls sie weiterhin in dieser Art und Weise Passanten belästigen.

Auch, wenn die Debatte auf Facebook mitunter hitzig geführt wurde: Immer wieder wurde darauf hingewiesen, Kinder bitte auch auf Hilfsangebote in der Innenstadt aufmerksam zu machen. Seit mehreren Jahren schon gibt es sogenannte Notinseln, die von der Hänsel- und Gretel-Stiftung initiiert wurden.

Notinsel-Aufkleber zeigen den Weg

Gemeint sind Geschäfte, Behörden oder Banken, an deren Eingangstüren kleine Notinsel-Aufkleber prangen. Hier können Kinder, die verunsichert sind, jederzeit Hilfe bekommen.

Oft sind es kleine Missgeschicke im Alltag, bei denen Notinsel-Mitarbeiter einspringen, weiß Jugendamtsleiter Jens Jödicke. Mal wird Mutti angerufen, weil das Kind den Schlüssel daheim vergessen hat. Mal wird ein Pflaster auf eine Wunde geklebt. Die Mitarbeiter bieten aber auch Schutz, wenn sich ein Kind bedroht fühlt. Im Laden kann es sich erst einmal sammeln, während die Mitarbeiter weitere Hilfsschritte in die Wege leiten. Dafür wurde eigens ein Notfall-Plan ausgearbeitet.

Derzeit gibt es schon über 40 Notinseln im Ilm-Kreis – überwiegend in Arnstadt, Ilmenau und in Stadtilm. Dem Netzwerk könnten aber jederzeit weitere Interessierte beitreten, betonte Jens Jödicke. Ansprechpartner hierfür ist das Jugendamt, das den Ladeninhabern und deren Mitarbeitern Prospektmaterialen zur Verfügung stellt und sie in die Problematik einführt.

Auch die Zwölfjährige achtet nun vermehrt auf diese Aufkleber in der Innenstadt. Bedrohen lassen will sie sich nie wieder.

Interessierte Ladeninhaber können zum Jugendamt Kontakt aufnehmen unter Telefon (03628) 73 86 05.