Erfurt. Eine spezielle Regelung zu den digitalen Bereichen der Nachlasses ist ratsam, meint die Notarkammer Thüringen.

Immer mehr Menschen hinterlassen neben dem herkömmlichen auch ein digitales Erbe, also Telefone und Computer, Daten, Vertragsbeziehungen mit Telekommunikations- und Internetanbietern, Zugangsberechtigungen für soziale Netzwerke sowie Benutzerprofile auf Verkaufsportalen. Mehrere Gerichte haben klargestellt, dass auch der digitale Nachlass vererblich ist und dabei den hergebrachten erbrechtlichen Regelungen folgt, erklärt Christian Grüner, Geschäftsführer der Notarkammer Thüringen. Weder Belange des Fernmeldegeheimnisses noch des Datenschutzes würden ein Sonderrecht rechtfertigen. „Geräte und Programme, aber auch Internet-Zugänge und -Verträge werden vererbt wie Bücher oder Möbel. Schwieriger wird es mit den Inhalten, etwa von Unterhaltungen, die über Chat-Programme geführt werden. In diesen Fällen verweisen die Anbieter gern auf Datenschutz oder Persönlichkeitsrecht, um den Zugang zu unterbinden. Das kann im Einzelfall schwierig werden.“ Prinzipiell würde aber das bewährte Erbrecht auch für dieses digitale Erbe gelten. Das sei auch gut so: schließlich müsse der Erbe wissen, was auf ihn zukomme, wenn er den Nachlass annehme. Daher sei etwa ein Blick in die E-Mails notwendig, um zu erfahren, ob noch Bestellungen oder Rechnungen offen seien oder kostspielige Verträge abgeschlossen wurden.

Vorsorgevollmacht kann erteilt werden

Um den Erben und Angehörigen die Nachlassregelungen zu erleichtern, rät Grüner zu einer speziellen Erklärung, etwa im Rahmen eines Testaments. Da dieses jedoch oft erst spät nach dem Tod des Erblassers eröffnet werde, sollte auch über andere Möglichkeiten nachgedacht werden. Der Erblasser könne etwa eine eigene digitale Vollmacht erteilen, damit sich jemand um dieses Thema kümmern kann, der sich damit auskennt. Auch in einer Vorsorgevollmacht kann dieser Punkt geregelt werden. Eine spezielle Regelung zu den digitalen Bereichen sei dort zwar rechtlich meist nicht notwendig, könne sich jedoch bereits aus Gründen größerer Klarheit empfehlen.

Liegt nichts dergleichen vor, muss ein Erbschein vorgelegt werden, was eine sehr langwierige Prozedur sein könne, warnt Grüner. Denn ein spezielles Problem des digitalen Nachlasses sei dessen schwere Überschaubarkeit – im Gegensatz zum materiellen Besitz. „Es gibt ja in diesem Feld kaum analoge Unterlagen, etwa ausgedruckte Verträge.“ Zwar seien nach deutschem Recht die Anbieter auskunftsverpflichtet, müssen also den Erben Vertragsbeziehungen mitteilen und ihnen einen passiven Zugang einrichten – diese müssten aber erstmal wissen, wo sie überhaupt suchen sollen.

Damit sich Angehörige und Erben zügig einen Überblick über das gesamte Erbe – und auch mögliche Schulden und Verbindlichkeiten – verschaffen können, rät Christian Grüner zu einer Liste mit allen Zugangsdaten und Passwörtern, gesichert mit einem Masterpasswort, welches etwa in einem verschlossenen Umschlag zu Hause oder beim Notar hinterlegt wird. „Im Testament sollte dieses Passwort nicht vermerkt sein, dort könnten es – etwa bei einer Testamentseröffnung mehr Augen sehen, als dem Erblasser lieb wäre.“ Zum Ausschlagen eines Erbes bleiben nur sechs Wochen Zeit, warnt Grüner. „Und die sind bei unklaren Verhältnissen schnell vorbei.“