Günstedt. Die überdimensionierte Agave passt nach mehr als 30 Jahren nicht mehr in die Garage von Gerda Noa-Wittig

Gerda Noa-Wittig nennt sie "ihre alte Freundin" – ihre mittlerweile weit über 30 Jahre zählende Agave. Und wie das bei alten Freunden so ist, man trennt sich nur ungern.

Doch nun ist die exotische Pflanze gefährdet. Schließlich steht die kalte Jahreszeit bevor und für eine Agave dieser Art dürfte Frost tödlich sein.

Gerda Noa-Wittig sucht daher händeringend nach einer Winterunterkunft für das stattliche Exemplar. "Im Frühjahr haben wir sie noch mit dem Gabelstapler aus der Garage holen können und vors Haus gestellt. Doch sie ist weiter gewachsen – und damit ist eine frostsichere Unterkunft bei uns unmöglich geworden", beklagt die 66-jährige Günstedterin.

Besonders traurig ist sie darüber, dass sie die Agave bislang nie blühend erleben konnte. "Diese Spezies braucht bis zur ersten Blüte mitunter bis zu 40 Jahre. Das habe ich vor einigen Jahren am Gardasee erfahren, wo solche Pflanzen in freier Wildnis wachsen", sagt sie. Nun besteht zwar Hoffnung, dass ihre "alte Freundin" bald blühen könnte, aber dafür müsste sie erst einmal den nahenden Frost heil überstehen.

Etwa zehn Zentimeter groß war das Pflänzchen, das Gerda Noa-Wittig vor rund 35 Jahren von ihrer Schwester geschenkt bekam. Seitdem hegte und pflegte sie es. "Im Sommer stand der Topf auf dem Balkon, im Winter kam er zum Überwintern in den Keller." Agaven sind anspruchslose Gewächse, benötigen kaum Wasser, da sie die Feuchtigkeit gut über Wochen hinweg in ihren fleischigen Blättern speichern können. "Allenfalls in sehr trockenen Sommern bekam sie mal einen Eimer Wasser", meint Gerda Noa-Wittig, die fest davon überzeugt ist, dass für eine Agave kein "grüner Daumen" nötig ist.

Ein wenig stellt die passionierte Hobbygärtnerin damit wohl ihr Licht unter den Scheffel. Schließlich bewirtschaftet sie nicht nur ihren rund 520 Quadratmeter großen Schrebergarten mit Hingabe, sondern hat auch noch ein rund 2500 Quadratmeter großes Garten-Terrain gut im Griff. Die Arbeit im Grünen, so belegt es ihre Erfahrung, baut sie auf und gibt ihr Kraft.

Umso trauriger ist die 66-Jährige darüber, keinen Überwinterungsplatz für "ihre alte Freundin" zu haben. Mit einem Hilferuf wandte sie sich an unsere Zeitung – und wir hörten uns einfach mal um.

Ist womöglich eine Kirche, in der ja "Platz nach oben" besteht, ein geeigneter Ort als Winterquartier? Pfarrer Klaus Nikolaus aus Leubingen ist skeptisch. "Nein, die Kirche in Günstedt scheint mir eher ungeeignet", sagt er, "schließlich ist sie nicht frostsicher". Schade! St. Petri und Pauli streichen wir also von unserer Liste.

Der Kreisverband der Gartenfreunde Sömmerda, der weiß garantiert Rat! "Schwieriger Fall", meint Silke Preißer. "Wir können da nichts vermitteln. Aber vor einiger Zeit gab es ein ähnliches Problem im Verband mit einer großen Kübelpflanze. Die wurde schließlich einem Seniorenheim gespendet", erinnert sich die Fachfrau. "Überhaupt: Ein Gebäude mit einem großen Foyer wäre ideal: Da ist es hell und warm."

Vielleicht lohnt ein Blick über die Kreisgrenze hinaus? Schließlich gibt es in Bendeleben im Kyffhäuserkreis eine weithin bekannte Orangerie. Ortsteilbürgermeister Martin Brückner ist sichtlich traurig: "Ich würde gern helfen, wir bekommen zurzeit sehr viele Anfragen, aber die Orangerie ist bereits voll." Momentan ziehen die Zitruspflanzen, Palmen, Fuchsien und der Lorbeer aus dem Lustgarten und vom Platz vor der Orangerie ins Winterquartier um. Raum ist rar.

Am besten ist die Agave wohl bei Pflanzenprofis – sprich in einer Gärtnerei – aufgehoben. Wir machen die Probe aufs Exempel und fragen Günter Linzer von der gleichnamigen Gärtnerei in Schloßvippach. Und siehe da: Sein Unternehmen bietet Pflanzenüberwinterung an! "Wir würden die Agave abholen, den Winter über in einem unserer Gewächshäuser einquartieren und im Frühjahr wieder zu Frau Noa-Wittig zurückbringen", schlägt er vor. Etwa 40 Euro kostet dieser Service.

Die Leserin ist glücklich: Das wäre eine Option, die sie sich durchaus vorstellen könnte. Auch wenn sie schon darüber nachgedacht hatte, ihre "alte Freundin" einem geeigneten Pflanzenliebhaber zu schenken, "Das überlege ich mir noch mal", sagt sie, hält sich aber auch diese Alternative offen.

Der Vorteil bei der Gärtnerei-Überwinterung indes liegt auf der Hand: Sie würde ihre Agave irgendwann blühen sehen.